Vernünf­tige Gesprä­che unter Nachbarn

Beim gemüt­li­chen Ausklang der Gründungs­feier des Landes­ver­bands VERNUNFTKRAFT. Hessen am 11. Oktober 2014 berich­tete Norbert Röstel von seinen positi­ven Erfah­run­gen bei der Aufklä­rung über Risiken für Verpäch­ter von poten­ti­el­len Windkraft­stand­or­ten. Wenn Grund­stücks­ei­gen­tü­mer über die Schat­ten­sei­ten und Gefah­ren im Zusam­men­hang mit einer ihnen verspro­che­nen “Lizenz zum Gelddru­cken” infor­miert und vernünf­ti­gen Argumen­ten zugetan sind, kann manches unsin­nige Projekt im Keim erstickt werden. Zum Wohle der Natur, der Allge­mein­heit, der ländli­chen Lebens­qua­li­tät und der guten Nachbarschaft. 

Hier der Bericht von Norbert Röstel:

Als wir bei unserer letzten Sitzung der BI Gegen­wind-Wetterau endlich das Dokument “(K)eine Lizenz zum Gelddru­cken” vom Bundes­ver­band Vernunft­kraft in den Händen halten konnten, überleg­ten wir uns, wie wir die Vertei­lung dieser wichti­gen Infor­ma­tion in unserer Gemeinde Rocken­berg organi­sie­ren sollten. Erschwert wurde diese Aufgabe dadurch, dass wir keine vollstän­dige Liste der in Frage kommende Grund­stücks­be­sit­zer vorlie­gen hatten und die Aufstel­lung einer vollstän­di­gen Liste kompli­zier­ter als war, als eingangs gedacht. So waren uns zu diesem Zeitpunkt nur eine handvoll Grund­stücks­be­sit­zer bekannt, die wohl schon von den Projek­tie­ren der Windkraft kontak­tiert worden waren und u.U. in das windige Geschäft zu Lasten der restli­chen Dorfbe­woh­ner einstei­gen würden.

Was sollten wir tun? Aufgrund von Gerüch­ten und Vermu­tun­gen einfach den direk­ten Kontakt zu den in Frage kommen­den Grund­stücks­be­sit­zern suchen? Oder einfach allen Haushal­ten das Dokument zukom­men lassen? Letzte­res schied aufgrund des zu hohen Aufwands für Druck und Vertei­lung aus und würde zudem kein gutes Licht auf die BI werfen, da man uns ein ziemlich schlecht durch­dach­tes Vorge­hen vorhal­ten würde.

So blieb nur die Chance, die Grund­stücks­ei­gen­tü­mer direkt zu besuchen! Keiner konnte zu diesem Zeitpunkt abschät­zen, was einen hier an der Haustür erwar­ten würde, wenn man sich im Namen der BI mit seinem Anlie­gen vorstel­len würde… Da wir nur fünf konkrete Adres­sen hatten und schon so lange auf das finale Dokument “(K)eine Lizenz zum Gelddru­cken” gewar­tet hatten, fasste ich mir ein Herz und lief mit 15 Exempla­ren unterm Arm los. So wollte ich jedem nach Möglich­keit drei Exemplare überge­ben und hoffte auf eine Weiter­ver­tei­lung durch die Grund­stücks­be­sit­zer selber, ohne hier weiter in Aktion treten zu müssen.

Als ich mit meinen Unter­la­gen die Runde durch unseren Ort begann, hatte ich zum Glück in diesem Moment komplett verges­sen, dass die Projek­tie­rer vor zwei Monaten eine ziemlich üble Verleum­dungs­kam­pa­gne gegen mich betrie­ben hatten. Bei dieser war behaup­tet worden, dass ich jedem Grund­stücks­be­sit­zer, der einen Pacht­ver­trag mit einem Projek­tie­rer abschlie­ßen würde, persön­lich Schläge angedroht haben sollte… 

So stand ich ziemlich unbefan­gen an der Haustür des ersten Grund­stücks­ei­gen­tü­mers und klingelte. Man öffnete mir, bat mich herein und ich konnte mich vorstel­len und mein Anlie­gen vortra­gen. Was als nächs­tes passierte, war ziemlich verblüf­fend für mich. Man kannte schon durch­aus einige der negati­ven Aspekte aus den bereits erhal­te­nen Pacht­ver­trä­gen und war schon recht gut im Thema. Zudem war der Nachbar (ein uns bis dahin unbekann­ter Grund­stücks­ei­gen­tü­mer) ebenfalls nicht von einer Pacht überzeugt. Ein Dritter hinge­gen habe dies noch nicht begrif­fen und dem wolle man das Dokument gerne übergeben!

Meine Motiva­tion stieg und so begab ich mich auf den Weg zu meiner zweiten Adresse. Hier klingelte ich den Landwirt leider um 9:30 Uhr aus dem Bett, da dieser bis 3:00 Uhr Rüben im Rahmen der alljähr­li­chen Kampa­gne gefah­ren hatte. Dennoch bat man mich auch hier herein und setzte sich mit mir an den Esszim­mer­tisch, um über mein Anlie­gen zu sprechen. Bei diesem Gespräch hatte der Grund­stücks­be­sit­zer gar kein Inter­esse an einer Pacht gezeigt und wollte seinen Acker für einen guten Preis an die Projek­tie­rer verkau­fen oder gegen ein größe­res Stück tauschen. “Sollen die doch damit Geld verdie­nen, wenn die ganze Sache so lukra­tiv ist” war seine Antwort. Als aber deutlich wurde, dass die Projek­tie­rer das Grund­stück auf keinen Fall kaufen und besit­zen wollten, wurde der Braten schon von weitem gerochen und man nahm Abstand. Meine Unter­la­gen durfte ich trotz­dem abgeben und man gab mir zudem noch drei weitere Adres­sen von Grund­stücks­be­sit­zern mit auf den Weg, die ich auf jeden Fall besuchen müsse!

So setzte sich meine Reise durch unseren Ort über den Tag hinweg fort. Zwischen­durch musste ich noch nach Hause gehen, um Nachschub an Dokumen­ten zu fassen. Am Ende des Tages hatte ich 16 Hausbe­su­che durch­ge­führt und in sechs Fällen die Weiter­ver­tei­lung noch übertra­gen können! Hier hieß es dann beispiels­weise: “Geben Sie mir ruhig noch ein Exemplar für unseren Onkel Addi, damit er endlich begreift, was hier auf dem Spiel steht.”

Bei keinem meiner Hausbe­su­che wurde ich unfreund­lich behan­delt oder direkt weg geschickt. Vielmehr kam immer ein infor­ma­ti­ves Gespräch zustande und in vielen Fällen verab­schie­de­ten wir uns dann per Handschlag.

Letzt­end­lich waren die Grund­stücks­ei­gen­tü­mer bei uns schon allesamt recht gut im Thema, was sicher­lich an der Medien­prä­senz des Themas Windkraft in der Lokal­presse und unserer Aufklä­rungs­ar­beit gelegen haben mag. So hatte ich ein recht einfa­ches Spiel, welches ich mir eingangs durch­aus schwie­ri­ger vorge­stellt hatte. Daher glaube ich, dass die Übergabe dieses Dokumen­tes in einem persön­li­chen Gespräch die beste Wirkung erzielt. Am besten ist es, wenn alt einge­ses­sene und/oder persön­lich bekannte Perso­nen die Vertei­lung des Dokumen­tes in ihrer Heimat­ge­meinde nach unserem Muster durch­füh­ren. Sind diese Perso­nen dann auch noch selbst Grund­stücks­ei­gen­tü­mer und haben sich begrün­det gegen eine Verpach­tung entschie­den, dürften die Chance auf Gehör noch besser sein.

Viel Erfolg bei der Vertei­lung in Eurer Region wünscht
Norbert Röstel
Bürger­initia­tive Gegenwind-Wetterau

Und hier das Papier, das sicher manchem Nachbar nützlich sein kann:

Mit einem Klick öffnet sich das pdf (Stand Dezem­ber 2016).

VERNUNFTKRAFT. dankt Norbert Röstel für diesen erbau­li­chen (und in der mündli­chen Überlie­fe­rung in südhes­si­scher Mundart zudem erhei­tern­den) Erfah­rungs­be­richt und der BI Gegen­wind Wetterau für den starken und konti­nu­ier­li­chen Einsatz für unsere gemein­sa­men Ziele. 

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