Problem Rotor­blatt – schwie­rige Trennung

 

Bei der Bewer­tung der Rückbau­kos­ten werden häufig Erlöse aus der stoff­li­chen Verwer­tung der Einsatz­stoffe wie z.T. Metalle, Restwerte von Anlagen­tei­len und ähnli­ches angesetzt. Jedem eingän­gig sind auch die hohen Kosten die zum vollstän­di­gen Rückbau des Funda­ments benötigt werden. Derzeit wird aber ein Kosten­fak­tor unter­schätzt: Die Entsor­gung der Rotor­blät­ter

Die derzeit anfal­len­den Mengen, werden bei gutem Erhal­tungs­zu­stand weiter­ver­kauft oder im Zweifels­fall häufig zwischen­ge­la­gert. Die Situa­tion ab etwa 2020 ist durch die Alterung des Windkraft­parks gekenn­zeich­net und damit eine Heraus­for­de­rung für die Herstel­ler und Betrei­ber von Windkraftanlagen.

 

Durch den Abbau von Windener­gie­an­la­gen nach ca. 20 Jahren Lebens­dauer und Repowe­ring-Aktivi­tä­ten wird es spätes­tens ab dem Jahr 2020 respek­ta­ble Massen an zu entsor­gen- den GFK-Abfäl­len aus Rotor­blät­tern in Deutsch­land und anderen Teilen der Welt geben. Nach dem heuti­gen Stand der Technik und der Gesetz­ge­bung ist eine Behand­lung in thermi­schen Anlagen, vorran­gig in Müllver­bren­nungs­an­la­gen und Zement­wer­ken, zu erwar­ten. Diese Wege werden auch heute schon genutzt, wobei die vorge­la­ger­ten Schritte des Abbaus, des Trans­ports und der Zerklei­ne­rung jeder für sich wegen der Baugröße und der Materi­al­zu­sam­men­set­zung indivi­du­ell zu lösende Probleme aufwer­fen. Standard­ver­fah­rens­wei­sen sind bisher nicht etabliert.

Die stoff­li­che Verwer­tung ist bisher nicht etabliert. Ansätze sind aber bereits zu verzeich­nen.“i

 

 

 „Bei Kennt­nis der zur Verfü­gung stehen­den Anlagen und der Entsor­gungs­wege in der Kreis­lauf­wirt­schaft ist abzuse­hen, dass es insbe­son­dere für die großen Bauteile aus Glasfa­ser- verstärk­ten Kunst­stof­fen, also der Gondeln und der Rotor­blät­ter, Entsor­gungs­pro­bleme geben kann. Dies hat sich durch das Auslau­fen der Übergangs­re­ge­lun­gen der TA Siedlungs­ab­fall (TA-Si, 1993) im Juni 2005 verstärkt. Die Ablage­rung solcher Materia­lien auf Deponien ist wegen zu hoher Organik-Anteile seither nicht mehr möglich.“ii 

Damit dürfen Rotor­blät­ter nicht deponiert werden, sondern müssen einer stoff­li­chen oder thermi­schen Verwer­tung zugeführt werden.

 „Je nach dem techno­lo­gi­schen Aufbau der thermi­schen Anlage und beson­ders der Zusam­men­set­zung der Rotor­blät­ter müssen andere Randbe­din­gun­gen berück­sich­tigt werden: bei Heizwer­ten von Hu >11 MJ/kg und niedri­gen Schad­stoff­ge­hal­ten (z.B. Chlor) können die Blätter in geeig­ne­ten Anlagen energe­tisch verwer­tet werden. Sie unter­lie­gen dann nicht der Andie­nungs­pflicht und können im inter­na­tio­na­len Entsor­gungs­markt angebo­ten werden.“iii 

Das wiederum heißt im Umkehr­schluss: Materia­lien mit einem Heizwert von Hu < 11MJ/kg oder stärker mit Schad­stof­fen belas­tete Verbund­stoffe sind Sonder­ab­fall und entspre­chend andie­nungs­pflich­tig und teuer in der Entsorgung. 

Kann ein Rotor­blatt nicht weiter­ge­nutzt werden, muss eine Zerklei­ne­rung derart erfol­gen, welche eine stoff­li­che oder thermi­sche Nutzung der Materia­lien erlaubt. Für die thermi­sche Verwer­tung sind diesbe­züg­lich Kanten­län­gen von 0,3 – 1miv erfor­der­lich. Welche Heraus­for­de­rung diese Aufgabe darstellt ist hier eindrück­lich beschrieben:

 

Schwie­rige Trennung

Rotor­blät­ter bestehen überwie­gend aus Faser­ver­bund­werk­stof­fen, das heißt eine Verbin­dung aus zwei Haupt­kom­po­nen­ten: einer betten­den Matrix sowie verstär­ken­den Fasern. Zusätz­lich enthal­ten Rotor­blät­ter Füllwerk­stoffe, Lacke und Metalle. Der sehr enge Verbund der Materia­lien, insbe­son­dere inner­halb des Faser­ver­bun­des, macht eine Trennung am Ende der Nutzungs­dauer äußerst schwie­rig und energie­in­ten­siv. Hinzu kommt, dass sich nur wenige Werkzeuge für die Zerklei­ne­rung der Blätter eignen und mecha­ni­sche Verfah­ren bei diesem Werkstoff­ver­bund in der Regel mit hohem Materi­al­ver­schleiß einhergehen.

Die größte Heraus­for­de­rung bei der fachge­rech­ten Entsor­gung von Rotor­blät­tern stellt aller­dings der bei der Zerklei­ne­rung entste­hende Feinstaub des Materi­als dar. Die freige­setz­ten Staub­par­ti­kel sind lungen­gän­gig, das heißt sie dringen wie Feinstaub bis in die winzi­gen Lungen­bläs­chen vor und bergen so ein erheb­li­ches Gefah­ren­po­ten­zial für die Gesund­heit von Mensch und Tier. Nicht zu unter­schät­zen ist zudem die Explo­si­ons­ge­fahr beim Auftre­ten höherer Staub­kon­zen­tra­tio­nen.
.….
…wurden insge­samt 68 Rotor­blät­ter mit Längen zwischen 20 und 42 Metern in Versuchs­an­la­gen zerklei­nert, von Metall befreit und homoge­ni­siert. Trotz Einhal­tung aller Vorschrif­ten ereig­nete sich während des Aufbe­rei­tungs­pro­zes­ses eine Verpuf­fung. Grund war eine zu hohe Staub­kon­zen­tra­tion, die bei der neuen Anlage durch steti­gen Luftaus­tausch vermie­den wird. Dieser Zwischen­fall und auch der hohe Materi­al­ver­schleiß verdeut­lich­ten bereits in diesem frühen Stadium die großen Heraus­for­de­run­gen bei der Verwer­tung von Rotor­blät­tern.“v

Die derzeit einzige großtech­nisch mögli­che thermi­sche Verwer­tung der Rotor­blät­ter ist möglich bei kleinen Mengen als Zuschlag­stoff in der Müllver­bren­nung, größere Mengen jedoch führen Aufgrund der Zusam­men­set­zung der Verbund­stoffe zu techni­schem Verschleiß in der Verbrennungsanlage:

Die Entsor­gung in Müllver­bren­nungs­an­la­gen gestal­tet sich auf den ersten Blick sehr einfach, jedoch ist ohne umfang­rei­che Vorzer­klei­ne­rung auch dort der Einsatz von Rotor­blatt­ma­te­rial nicht möglich. Außer­dem trägt insbe­son­dere der hohe Silizi­um­an­teil im Faser­ver­bund­werk­stoff dazu bei, dass es bei höheren Aufga­be­men­gen durch geschmol­ze­nes Glas zu Verkle­bun­gen in Anlagen­tei­len der Müllver­bren­nungs­an­la­gen kommt.“vi

 

 

Zusam­men­fas­sung

  • Ausge­diente Rotor­blät­ter dürfen nicht deponiert werden

  • Ein stoff­li­ches Recycling steht noch nicht zur Verfügung

  • Eine thermi­sche Verwer­tung in großem Umfang ist proble­ma­tisch in den Müllverbrennungsanlagen

  • Bei der Zerklei­ne­rung der Rotor­blät­ter entste­hen gesund­heits­ge­fähr­dende Feinstäube

  • Eine Fortschrei­bung der Restwert­ent­wick­lung der Altanla­gen aus den Pionier­ta­gen ist riskant und kann zu Finanz­eng­päs­sen beim Rückbau der Anala­gen führen

 

Forde­run­gen

  • Bei der Restwert­be­trach­tung von Altanla­gen ist höchste kaufmän­ni­sche Vorsicht geboten. Es ist von strik­ten Vorga­ben in der Besei­ti­gung von Altro­to­ren auszu­ge­hen. Ein Weiter­ver­kauf der moder­nen, sehr großen Rotoren kann an den immensen Trans­port­kos­ten scheitern.

  • Gesetz­li­che Vorga­ben zum Umwelt- und Gesund­heits­schutz bei der Zerklei­ne­rung von Rotor­blät­tern. Dies gilt insbe­son­dere für die Zerklei­ne­rung am Stand­ort der Windkraft­an­lage, da ansons­ten eine großflä­chige Konta­mi­na­tion der Umwelt mit gesund­heits­ge­fähr­den­den Feinstäu­ben erfol­gen kann.


Quellen

i „Recyling von Rotor­blät­tern aus Windener­gie­an­la­gen- Fakt oder Fiktion?“ DEWI Magazin No. 34, Februar 2009, S40+41

ii „Recyling von Rotor­blät­tern aus Windener­gie­an­la­gen- Fakt oder Fiktion?“ DEWI Magazin No. 34, Februar 2009, S34

iii Recyling von Rotor­blät­tern aus Windener­gie­an­la­gen- Fakt oder Fiktion?“ DEWI Magazin No. 34, Februar 2009, S37

iv Quelle: Recyling von Rotor­blät­tern aus Windener­gie­an­la­gen- Fakt oder Fiktion?“ DEWI Magazin No. 34, Februar 2009, S37

v „Der Kreis­lauf schließt sich“ Fachauf­sätze Erneu­er­bare Energien 31.08.2010 in http://www.erneuerbareenergien.de/der-kreislauf-schließt-sich

vi Der Kreis­lauf schließt sich“ Fachauf­sätze Erneu­er­bare Energien 31.08.2010 in http://www.erneuerbareenergien.de/der-kreislauf-schließt-sich

Außer­dem: “Wie entsorgt man Windrad­flü­gel?” GEO-Magazin, Ausgabe 03/2010.

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