Erklärtes Ziel der Grünen ist, bis zum Jahr 2030 innerhalb des Stromsektors eine Vollversorgung Deutschlands auf Basis regenerativer Energien zu erreichen. Im Verständnis der physikalischen Zusammenhänge und in Sorge um die mit dem Verfolgen eines Irrwegs einhergehenden volkswirtschaftlichen und ökologischen Schäden, hat Herr Diplom-Physiker Karl Linnenfels die Bundestags-Fraktion der Grünen auf die Unmöglichkeit des Erreichens der proklamierten Ziele hingewiesen.
Die freundliche Antwort
Sehr geehrter Herr Linnenfelser,
vielen Dank für ihre ausführlichen Darstellung der vor uns liegenden Herausforderung im Strommarkt. Die Analyse, dass Wind und Sonne heute in den allermeisten Stunden leider noch nicht ausreichen, um den Strombedarf komplett zu decken, teilen wir. Genau deshalb muss noch viel geschehen; die Energiewende ist noch lange nicht am Ende. Mit Blick auf betroffene Menschen, Kulturlandschaften und kommende Generationen ist die von Ihnen ebenfalls erwähnte „Decarbonisierung“, also eigentlich die radikale Verminderung der CO2-Emissionen, unbestritten eine Aufgabe von höchster Priorität. Dabei ist es uns Grünen, die wir selber aus Friedens‑, Umwelt‑, Bürgerrechte- oder Frauenbewegungen her stammen, besonders wichtig, die Menschen auf dieser Reise mitzunehmen. Die Energiewende bringt die Energieversorgung von den Konzernen zu den Menschen, die Gewinne und die Entscheidungsgewalt liegt somit wieder mehr in Bürger/innenhand. Auch dafür stehen wir Grüne.
Wir teilen Ihren Pessimismus bezüglich der Notwendigkeit eines auch in Zukunft notwendigen, großen und fossilen Kraftwerkparks ausdrücklich nicht. Obwohl wir heute in Zeiten von Flaute und Wolken (z.B. in den letzten Wochen) in der Tat auf bestehende Großkraftwerke – leider oft auch Kohle- und Atommeiler – angewiesen waren, können wir diese in den kommenden Jahrzehnten ausschalten. Und zwar ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Die gleichen Argumente haben wir bereits vor über zehn Jahren beim ersten Atomausstiegsbeschluss gehört. Auch nach Fukushima und der Wende von Kanzlerin Merkel kamen wieder Stimmen in der öffentlichen Debatte auf, welche vor einem Abschalten von Atomkraftwerken warnten. Die Realität zeigt aber, dass Deutschland sogar immer mehr Strom exportiert! Letztes Jahr waren es unterm Strich über 20.000 TWh, welche v.a. die Alpenländer oder die Niederlande bekommen haben. Wir Grüne wollen keine Kohle- oder Atomkraftwerke überhastet abschalten. Aber wir sind davon überzeugt, dass der vereinbarte Atomausstieg eingehalten werden wird (und bei mangelnder Sicherheit können wir auch früher aussteigen). Den Kohleausstieg wollen wir bis 2030 verwirklicht haben. Diese unflexiblen Großkraftwerke eignen sich nämlich auch nicht als Brück in eine erneuerbare Zukunft. Vielmehr setzen wir neben denen von Ihnen erwähnten Speichern sowie Lastmanagement auf hochflexible Gaskraftwerke sowie KWK-Anlagen.
Wichtig ist, dass wir heute schon die richtigen Flexibilitätsmechanismen einführen, damit wir bald diese neuen Optionen ausreichend zur Verfügung haben. Desweiteren werden Speicher ab 2020 – so die allermeisten Prognosen – einen Kostenpunkt erreicht haben, an dem sich jede und jeder solch einen an die eigene PV-Anlage oder das Ortsnetz anschließen kann. Zudem wird es dann auch mit der Power-to-Gas-Technik voran gehen. Schon heute gibt es sehr vielversprechende Demonstrationsanlagen. Damit wird überschüssiger EE-Strom (dieser ist auf Ihrer Grafik leider nicht zu erkennen, da Sie teilweise sehr EE-arme Zeiten ausgewählt haben) ebenfalls gespeichert. Die Kopplung von Wärme- und Stromsektor schafft ebenfalls Synergien. Hinzu kommt der – ohnehin von der EU vorgeschriebene – europäische Netzausbau. Selbst wenn in Deutschland mal Flaute ist, kann dann Windstrom fließen.
Sie sehen, das System kann sich nicht auf eine Option verlassen und auch ein konkreter Zeitplan wäre zu diesem Zeitpunkt höchst ambitioniert. Deshalb müssen wir all diese Optionen parallel voran treiben. Heute ist der Netzausbau die kostengünstigste Variante. Doch bald werden sich auch die anderen rechnen. Allein die steigenden Preise für Kohle, Öl und Gas – spätestens nach Ende der „Schiefergas-Revolution“ in einigen Jahren – werden dafür sorgen, dass sich in puncto Wirtschaftlichkeit einiges tut. Wer heute den richtigen Weg einschlägt, kann morgen Milliarden sparen. Deshalb stehen wir Grüne für die Energiewende, hin zu 100% Erneuerbaren (im Stromsektor schon bis 2030).
Mit freundlichen Grüßen
Info-Service der Bundestagsfraktion
lässt nicht erkennen, dass die Informationen in ihrer Tragweite verstanden wurden.
Zwar wollen die Grünen keine Atom- und Kohlekraftwerke überhastet abschalten. Das würde schließlich die Untauglichkeit der von ihnen propagierten Scheinalternativen schnell offenkundig werden lassen.
Überhastet aufbauen wollen Sie diese Scheinalternativen hingegen schon.
Die energiepolitische Sprecherin in Hessen versteigt sich gar zu der Aussage, dass das schnelle Roden von Wäldern zwecks eiligem Aufstellen von Windrädern dem Schutz des Waldes dient. Mehr…
Frappierend, wie gut Ideologie vor der ungewollten Aufnahme unliebsamer Information schützt.