Am 21. April 2021 erhielten wir die für uns überraschende Anfrage eines freien Journalisten aus Freiburg.
Er wollte mit kurzer Frist wissen, wie wir zu angeblichen Messfehlern der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffen stünden, über welche die ZEIT am nächsten Tag berichten würde. Ob wir angesichts „massiv überhöhter Werte“ unsere Argumentation bezüglich Infraschall überdenken oder diesen „weiterhin unvermindert für ein stichhaltiges Argument gegen Windkraftanliegen“ hielten. Da wir weder über die vermeintlichen Messfehler der Hannoveraner Behörde noch über den noch nicht erschienenen ZEIT-Artikel Kenntnisse hatten, konnten wir mit diesen Fragen ad hoc wenig anfangen. Nach Konsultation unseres Medizinerteams und Ergründung des Sachverhalts nehmen wir dazu gerne Stellung:
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| Kommentar zum „Rechenfehler“ der BGR: Messungen ändern nicht die Realität Die Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe (BGR) hat über mehrere Jahre die Infraschall-Emissionen eines relativ kleinen Windrads (Vestas V47, 0.7 MW)gemessen, um Mindestabstände von Windenergieanlagen zu Erdbeben-Messstationen festzulegen. Vor kurzem hat die BGR dazu einen Rechenfehler (Programmierfehler) eingeräumt: die 2016 veröffentlichten Schalldrucke wurden demnach um 36 dB (Dezibel) zu hoch angegeben. Die Dezibel-Skala gibt Schalldrucke logarithmisch wider:+ 20 dB bedeuten jeweils den 10 fachen Schalldruck, +36 dB also den etwa 63 fachen Schalldruck. Um diesen Faktor waren die vor 5 Jahren publizierten Schalldrucke der genannten Anlage zu hoch. Einige Journalisten und die Lobby der Windindustrie haben die Korrektur der BGR zum Anlass genommen, die Infraschall-Emissionen von Windanlagen generell für unerheblich zu erklären. Selbst der zuständige Minister sah sich zu einer Entschuldigung veranlasst. Er äußerte die Hoffnung, besorgte Bürger könnten sich nun erleichtert fühlen. Leider besteht dazu kein Anlass.
Fazit: Die Korrektur eines Fehlers in Zusammenhang mit Infraschall-Messungen ist notwendig und nützlich, ändert aber nichts am Gesundheitsrisiko von Windenergieanlagen. Die physikalisch/biologischen Ursachen bleiben bestehen – auch wenn ideologisch festgelegte Politiker und Medien das Infraschall-Problem des Windstroms gern „abgeräumt“ sehen möchten. Eine Übersicht zu dieser Frage finden Sie auf unserer Website. An unserem aktuellen Grundsatzartikel zum Thema gibt es (Stand 26. April 2021) keinen Änderungsbedarf. Dessen federführender Autor erteilt Journalisten gerne weitere Auskünfte. Mai 2021 (Prof. Dr. Werner Roos) |
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Auf eine Stellungnahme nach Prüfung des Sachverhalts konnte der freie Journalist leider nicht warten. Kurze Zeit nach den Investigativfragen erschien sein Bericht in der taz.
Darin wird erläutert, dass durch vermeintliche Enthüllungen eines wackeren Wissenschaftlers Messfehler der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) offengelegt worden seien und dass damit Bedenken bezüglich der Gesundheitsrisiken durch Infraschall von Windkraftanlagen keine Grundlage mehr hätten. Die Argumentation von Windkraftkritikern sei „pulverisiert“.
Mit dieser völlig vermessenen Folgerung aus dem Vermessen schuf der freie Journalist eine taz-Sache, die mit Tatsachen wenig zu tun hatte. Apropos “verrechnet”: Die Differenz von 36 dB, wie sie die BGR mitgeteilt hat, bedeutet den 63-fachen Schalldruck, nicht das “Vieltausendfache” wie in der Zeitung gedruckt. Der in gleichem Tenor und noch reißerischem Duktus zeitgleich in der ZEIT erschienene Beitrag verstärkt den Eindruck, dass es sich um eine konzertierte Kampagne handelt.
Positiv anzurechnen ist allerdings die Erwähnung und korrekte Zitation unserer Resolution:
Dabei scheint der taz die Verlinkung des wichtigen Dokuments im Eifer des Gefechts missglückt zu sein.
Dem sei hiermit abgeholfen.
Am Rande bemerkt:
Schön wäre es, wenn sich taz und ZEIT einmal mit offenkundigem wissenschaftlichem Fehlverhalten auf Seiten der Windkraftbefürworter beschäftigten: Im Widerspruch zu mathematisch-statistischen Gesetzen und den messbaren Ergebnissen wurde von diesen die “Glättungsthese” fast ein Jahrzehnt lang Politik beeinflussend in die Welt posaunt. Nach deren mathematisch exakter Widerlegung durch uns gab es keinerlei Selbstkritik der einschlägigen “Institute” – und die irrige Vorstellung, dass mehr Anlagen sich gegenseitig ausgleichen und zu einer Glättung des Einspeiseprofils führen würden, hält sich hartnäckig im medialen und politischem Raum. Diesen Unfug zu pulverisieren und seine fatalen Auswirkungen zu thematisieren wäre eine verdienstvolle journalistische Aufgabe.
Nachtrag, 2. Mai 2021:
In der WELT wurde der gleiche Sachverhalt mittlerweile ebenfalls dargestellt. Der verantwortliche Redakteur hatte sich dankenswerterweise die Mühe gemacht, Mediziner zu befragen.
Nachtrag, 1. Juli 2021:
In der Zeitschrift für medizinische Prävention erschien dieser Fachartikel der Professoren Werner Roos und Christian Vahl.