Neben der Umweltverträglichkeit und der Bezahlbarkeit ist die Versorgungssicherheit eine Dimension des traditionellen energiepolitischen Zieldreiecks. Im Zuge der deutschen “Energiewende”-Politik verschlechtert sich die Situation bekanntlich in allen drei Dimensionen.
Nicht nur der regelmäßige Totalausfall tragender Säulen, sondern auch die Vorgänge in der Ukraine und das Verhalten des russischen Präsidenten geben allen Anlass, die Sicherheit der Energieversorgung mit Sorge zu betrachten.
Die Energiewende setzt schließlich auf wetterabhängigen Zufallsstrom aus Sonne und Wind, der zwingend auf einen möglichst flexiblen konventionellen Kraftwerkspark angewiesen ist. Die Energiewende führt damit zwangsläufig ins Nichts und verstärkt zwangsläufig die Abhängigkeit von Erdgas als flexibelster und CO2-ärmster Form der konventionellen Stromerzeugung. Sofern neue Formen der Erdgasgewinnung (Schiefergas / Fracking) ausgeschlossen werden, impliziert die “Energiewende-Politik” zwangsläufig eine verstärkte Abhängigkeit von Russland.
Als Ausweg aus diesem Dilemma empfehlen sogenannte Wissenschaftler eines sogenannten Forschungsinstituts im Auftrag sogenannter Grüner nun, auf dem Weg ins Nichts den Turbogang einzulegen.
Im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen hat das Fraunhofer Institut für Windenergie und Systemtechnik eine “Studie” erstellt, deren Implikationen für unser Land katastrophal sind. Wir haben das Klein- und das Nichtgedruckte gelesen:
In der Einleitung erklären die Autoren
Das dieser Studie zugrunde gelegte Energiewendeszenario entstammt der Studie „Geschäftsmodell Energiewende”. (…) Das Szenario geht von einer weitgehenden Substitution herkömmlicher Wärmequellen durch zum Beispiel Wärmepumpen und PtH, einer Elektrifizierung des Verkehrssektors und deutlichen Fortschritten bei der Energieeffizienz aus. Für die Bereitstellung der notwendigen Primärenergie wird Strom aus EE in einer Größenordnung von 1000 TWh benötigt.
An bestimmten Instituten gehört das Erfinden klangvoller Kürzel wie PtG und PtH zur üblichen Taktik der Verschleierung:
Wo beim Power to Gas (PtG) wenigstens noch ein Bruchteil der aufgewendeten elektrischen Energie übrig bleibt, wird hochwertige elektrische Energie beim PtH – „Verfahren“ gleich vollständig als geringwertige Abwärme verschleudert. Derweil gewöhnliche Glühbirnen wegen ihrer Abwärmeverluste in Europa verboten werden, gibt es tatsächlich Hochschulinstitute, die die bewusste Entwertung elektrischer Energie als Abwärme unter der Überschrift Power to Heat betreiben und dabei Steuergelder sinnlos verforschen.
Dieser Frevel gehört heute wohl zu dieser verlogenen Energiewende dazu – wir Bürger wollen betrogen werden und wir sehnen uns nach guten Nachrichten. Wie nicht anders zu erwarten, werden die Bürger von den Forschern gern über die Konsequenzen ihrer Resultate im Dunkeln gelassen. Welche unglaubliche Schändung unserer Landschaften sich hinter der schlichten Zahl 1000 TWh verbirgt, soll hier nachvollzogen werden:
In einer unverdächtigen Studie, die vom ISE Fraunhofer Institut in Freiburg bereits im Jahr 2012 veröffentlicht wurde, wurden die zu schaffenden Kapazitäten zur Bereitstellung von 900 TWh EE-Strom abgeschätzt.
Für diesen Energiebetrag wurden dort auf S. 16 folgende zu schaffenden Nennleistungen ermittelt:
- Solarenergie: 252.000 Megawatt
- Windenergie onshore: 200.000 Megawatt
- Windenergie offshore: 85.000 Megawatt
Darüber hinaus wurde dort eine Energieproduktion von 50.000.000 MWh aus Biomasse angenommen.
Rechnet man diese Ergebnisse auf die in der vorliegenden “Studie” genannten 1000 TWh hoch, so kommt man zu folgenden Zahlen:
- Solarenergie: 280.000 Megawatt
- Windenergie onshore: 222.000 Megawatt
- Windenergie offshore: 94.000 Megawatt
- Energieproduktion Biomasse: 55.500.000 MWh
Rechnet man diese genannten Leistungen in die dazu erforderliche Zahl von Windkraftanlagen bzw. Flächenbedarfe um, ergeben sich folgende Werte:
- Erforderliche Fläche an Solaranlagen: 2000 km2
- Zahl Windkraftanlagen offshore: 31.300 Windkraftanlagen mit je 3 MW
- Zahl Windkraftanlagen onshore: 74.000 Windkraftanlagen mit je 3 MW
- Erforderliche Fläche zum Anbau von Biomasse: 11.000 km2
Die genannte Solarfläche entspricht 260.000 “Solarparks” in der Größe eines Fußballfelds.
Die Fläche zum Anbau von Biomasse entspricht 11.000 Maisfeldern mit einer Fläche von je 100 ha.
Verteilt man nun diese Flächen und Windkraftanlagen gleichmäßig über ganz Deutschland, so ergibt sich folgendes Szenario:
Der mittlere Abstand von Maisfeld zu Maisfeld beträgt dann 5,7km, der von Solaranlage zu Solaranlage ergibt 1170m. Verteilt man nun 74.000 Windkraftanlagen in den verbliebenen Flächen, beträgt der Abstand von Windrad zu Windrad 2200m. Und irgendwo dazwischen sollen noch 80 Millionen Deutsche leben.
Diese Zahlen bedürfen keines Kommentars!
Eine Frage sei aber erlaubt:
Meinen die IWES-Autoren diese Anhäufung von Junk Science wirklich ernst?
Dass solch pseudo-wissenschaftlicher Auswuchs unter dem Label der renommierten Fraunhofer Gesellschaft veröffentlicht werden kann, vergrößert unsere Sorge um die Versorgungssicherheit noch um die Sorge um den Wissenschaftsstandort Deutschland.
Offensichtlich fällt dieses “Institut” hinsichtlich der Qualität seiner Produkte und der Unabhängigkeit seiner Arbeit weit hinter die hohen Standards der Fraunhofer-Gesellschaft zurück. Dass es bei der am Kasseler IWES praktizierten Forschung mehr um Marketing als um Naturwissenschaften geht, lässt schon die entlarvende Rhetorik vom “Geschäftsmodell Energiewende” erahnen. Offenbar dient die vorliegende “Studie” primär dazu, den (politischen) Geschäftsmodellen der Auftraggeber einen pseudowissenschaftlichen Anstrich zu geben.
Soweit der Grünen Bundestagsfraktion tatsächlich an Erkenntnisgewinn gelegen ist, ist den Damen und Herren Abgeordneten diese aktuelle Einschätzung eines echten Grünen ans Herz zu legen. Ein ehemaliges Mitglied des Europaparlaments sieht die Lage so:
…es sind schlimme Fundamentalismen entstanden, die dieser Diskussion nicht gut tun. Aus meiner Sicht war der Ausstieg aus der Atomkraft in Deutschland völlig unvorbereitet, man hätte einige Jahre abwarten müssen um dann mit Plan und abgestimmt mit Fachleuten einen neuen Weg beschreiten zu können. Inzwischen wissen wir, dass die alternativen Technologien noch nicht ausgereift sind. (…) Die Bigotterie in linken und ökologischen Kreisen ist in der Tat oft zum Kopfschütteln. Nicht nur beim Thema Windkraft und Energiewende.
Reinhold Messner, im August 2014
In der WELT vom 7. August 2014 widmen sich Dirk Maxeiner und Michael Miersch dieser “wissenschaftlichen” Politikberatung.