Nein, Frau Weiß. Wir haben keine Speicher.

In Werbe­an­zei­gen sugge­rierte ein großes Unter­neh­men der Energie­wirt­schaft, dass ein “Akku für grünen Strom” bereit­stünde, um die Zufäl­lig­keit und Unpäss­lich­keit des Windstroms abzufedern.

Werbe­an­zeige der EON aus 2013

Diese Botschaft ist hochgra­dig irrefüh­rend. In benötig­ter Größe ist dieser “Akku” weder vorhan­den noch konzipiert.

Zur konser­va­ti­ven Abschät­zung des notwen­di­gen Speicher­vo­lu­mens wird ein minima­ler Speicher­vor­halt von 10 Tagen angesetzt, wie er im Januar 2017 während der „Dunkel­flaute“ bei Wegfall der konven­tio­nel­len Anlagen mindes­tens notwen­dig gewesen wäre.

Der Netto­strom­ver­brauch in Deutsch­land betrug in den letzten Jahren ca. 600 Milliar-den kWh. Daraus resul­tie­ren 16 Milli­ar­den kWh für 10 Tage (16.000 GWh/10d).

Pumpspei­cher­kraft­werke?

Pumpspei­cher­kraft­werke (PSKW) stellen die effek­tivste großtech­ni­sche Variante zur Speiche­rung von Energie, die zur Strom­ver­sor­gung genutzt werden kann, dar. In Deutsch­land sind über 30 große und kleine PSKW verfüg­bar. Das neueste und leistungs­fä­higste mit einer Nennleis­tung von 1060 MW ist das PSKW Goldis­thal mit zwölf Millio­nen Kubik­me­ter Wasser im Oberbe­cken und einer Gesamt­länge des Ringdamms des Oberbe­ckens von 3370 Metern. Insge­samt sind in Deutsch­land zurzeit Kapazi­tä­ten von ca. 7000 MW am Netz.

Die Baukos­ten für das Pumpspei­cher­werk Goldis­thal betru­gen 600 Millio­nen Euro. Die Speicher­ka­pa­zi­tät beträgt 8 GWh. Der durch­schnitt­li­che tägli­che Strom­be­darf in Deutsch­land liegt mit 1650 GWh beim 200-fachen dieses Wertes. Für eine zehntä­gige Flaute wären damit größen­ord­nungs­mä­ßig 2000 PSKW der Goldis­thal-Klasse erfor­der­lich. Selbst die Turbi­nen des chine­si­schen „Drei Schluch­ten Damms“, des größten Wasser­kraft­werks der Welt, könnten nur ein Viertel der elektri­schen Leistung bereitstellen.

Drei Schluch­ten Damm in China.

Der Bau dieser Pumpspei­cher würde sich beim niedri­gen Ansatz von 600 Millio­nen € pro Anlage auf mindes­tens eine Billion € summie­ren. Daraus wird deutlich, dass die Speiche­rung von Überschüs­sen der Strom­erzeu­gung aus Windkraft und PV über Pumpspei­cher als Backup für regene­ra­tive Anlagen ökono­misch nicht darstell­bar ist. Überdies fehlen die topogra­phi­schen Voraus­set­zun­gen hierzu­lande. PSKW zum Ausgleich der schwan­ken­den Leistung über mehrere Tage sind eine Illusion.

Batte­rie-Speiche­rung?

Unter Volllast liefert eine Windener­gie­an­lage mit einer Nennleis­tung von 5 MW in einer Stunde 5 MWh. Ein Batte­rie­spei­cher der Dimen­sion 5 MW/5 MWh – wie jener, der zu 6,5 Millio­nen € Inves­ti­ti­ons­kos­ten 2014 als europa­weit größter in Schwe­rin den Betrieb aufnahm – kann also die in einer Stunde „geern­tete“ Energie jener WEA speichern.

Zwischen 2014 und 2016 wurden hierzu­lande die bis dahin größten Batte­rie­spei­cher mit Einspeiseleistungen/Energiespeichermengen unter 10 MW/10 MWh bei  Kosten von ca. 1000 € pro kW bzw. kWh gebaut. Im Mai 2017 ging in Japan die aktuell mit 300 MWh und 50 MW weltgrößte Anlage in Betrieb. Im August 2017 wurde in Chemnitz eine Anlage mit 16 MWh einge­weiht. Die Inves­ti­ti­ons­summe betrug 10 Millio­nen €, was 625 €/kWh entspricht. Die Beispiele zeigen, dass mittels Modul­bau­weise sehr große Speicher zur Verfü­gung gestellt werden können. Deren spezi­fi­sche Kosten lagen in den letzten zwei Jahren bei 1000 €/kWh, mit fallen­der Tendenz. Mit dem Ansatz von 1000 €/kWh errech­nen sich für die Speiche­rung einer Terawatt­stunde Kosten von einer Billion €. Dies wäre gerade ausrei­chend, um den durch­schnitt­li­chen Strom­be­darf in unserem Land für 15 Stunden zu decken.

Skizze eines Batterieparks

Zur Überbrü­ckung von 10 Tagen Flaute im Winter würden Lithium-Batte­rien für die Speiche­rung von 16 TWh (16 Milli­ar­den kWh) mit Kosten von 16 Billio­nen € benötigt. Selbst bei Effizi­enz­ge­win­nen um 500 % in der Batte­rie­tech­nik wären nicht darstell­bare Billio­nen-Euro-Beträge notwen­dig. Die Haltbar­keit dieser Batte­rie­sys­teme liegt im Bereich von 10 Jahren, die Inves­ti­ti­ons­sum­men wären also jeweils zeitnah wieder aufzubringen.

Batte­rie­spei­cher zur Aufnahme der Leistungs­schwan­kun­gen sind damit fern jeder ökono­mi­schen und physi­ka­li­schen Realität.

Um den in Deutsch­land in 10 Tagen verbrauch­ten Strom mit Lithium-Ionen-Akkus speichern zu können, müsste man außer­dem die weltweite Jahres­pro­duk­tion solcher Akkus aus dem Jahre 2013 (35 GWh) um den Faktor 450 steigern. Selbst die Tesla Gigafac­tory mit jährlich 500.000 Lithium-Ionen-Batte­rien  liefert bei voller Auslas­tung nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Dabei wurde die Verfüg­bar­keit der Rohstoffe nicht einmal betrachtet.

Power to gas?

Nicht minder illuso­risch ist die Produk­tion von „Windgas“ (Herstel­lung von Methan über den Sabatier-Prozess) als Speicher­me­thode für diese gewal­ti­gen Energie­men­gen. Aus dem mehrstu­fi­gen Prozess über Wasser­stoff zu Methan für die Wieder­ver­stro­mung in Gaskraft­wer­ken resul­tie­ren enorme Wandlungs­ver­luste, sodass unter günstigs­ten Voraus­set­zun­gen die Bereit­stel­lung von ca. 30% der ursprüng­li­chen elektri­schen Energie im Zuge der erneu­ten Strom­erzeu­gung erreicht wird.  Zur Kompen­sa­tion dieser Verluste würde der Bedarf an weite­ren WEA und PV-Anlagen um mehr als 100% ansteigen.

Skizze des “power-to-gas”-Konzepts

Man müsste also die Erzeu­gungs­ka­pa­zi­tä­ten mehr als verdop­peln, um die Verluste des Verfah­rens auszu­glei­chen. Auch ohne den immensen Aufwand zum Bau der Metha­ni­sie­rungs­an­la­gen und der Gaskraft­werke zu berück­sich­ti­gen, bewir­ken allein diese Verluste eine Verdop­pe­lung der Kosten.

Das deutsche Erdgas­netz hat ein Speicher­vo­lu­men von 20 Milli­ar­den m³. Bei Speiche­rung einer TWh über Wasser­stoff mit dem spezi­fi­schen Energie­in­halt (Heizwert) von 3 kWh/m³ errech­net sich ein äquiva­len­ter Speicher­be­darf von 333 Millio­nen m³. Bei einem Speicher­be­darf von 50 TWh erhöht sich das Speicher­vo­lu­men unter Berück­sich­ti­gung des Wirkungs­gra­des von 70 % bei der Elektro­lyse auf 23 Milli­ar­den m³ und überschrei­tet somit die Speicher­ka­pa­zi­tät des vorhan­de­nen Erdgas­net­zes (Dies ist als Rechen­ex­em­pel aufzu­fas­sen, da die Wasser­stoff­kon­zen­tra­tion im Erdgas­netz 5% nicht überstei­gen darf!). Bei der Umwand­lung von Wasser­stoff in Methan resul­tie­ren weitere Verluste. Die Strom­ge­ste­hungs­kos­ten lägen bei ca. 2 €/kWh.                                                           

Derzeit verfol­gen einige Stadt­werke Speicher­pro­jekte im Bereich von ein paar Megawatt­stun­den. Das ist um den Faktor 100.000 zu wenig, um das Problem zu lösen.

Weitere Optio­nen?

Regel­mä­ßig wird von vermeint­lich neuen bahnbre­chen­den Ideen berich­tet. Ringwall­spei­cher, Kugeln auf dem Meeres­bo­den und ähnli­che Fanta­sien geistern immer wieder durch die Medien. Alle diese „Konzepte“ bewegen sich unter­halb des Niveaus von „Jugend forscht.“ Eine vertiefte Betrach­tung erübrigt sich, da sie einfa­chen Plausi­bi­li­täts­checks nicht stand­hal­ten. Aller­dings sind sie geeig­net, unkri­ti­sche und uninfor­mierte Teile der Öffent­lich­keit zu errei­chen und die Lösbar­keits­il­lu­sion zu nähren:

Rund um die Erneu­er­ba­ren Energien Branche ist ein regel­rech­ter politisch-ökono­mi­scher Komplex heran­ge­wach­sen. (…) Alle Akteure in diesem Komplex verbin­det ein Inter­esse: Probleme der Energie­wende müssen lösbar erschei­nen, damit die Wind- und die Sonnen­bran­che weiter subven­tio­niert werden. [Aus der ZEIT v. 4.12.2014]

Angesichts der Kosten und techni­schen Restrik­tio­nen sind Speicher defini­tiv nicht die Lösung der Energie­wende. Die notwen­di­gen Kapazi­tä­ten sind ökono­misch nicht zu leisten.

Dies gilt umso mehr, wenn der Fuhrpark von Verbren­nungs­mo­to­ren auf Elektro­au­tos umgestellt und im Wärme­sek­tor die Einfüh­rung von Wärme­pum­pen stark voran­ge­trie­ben werden sollte: Unser Energie­ver­brauch ist in den Winter­mo­na­ten beson­ders hoch, spezi­ell auch dann, wenn bei Inver­si­ons-Wetter­la­gen die PV-Anlagen wegen Bewöl­kung kaum Strom liefern und die WEA meist still­ste­hen. Die Wetter­ab­hän­gig­keit der Strom­erzeu­gung hätte damit unmit­tel­bare und fatale Wirkun­gen auf den Mobili­täts­sek­tor. Ebenso wenig könnte man dann noch elektrisch heizen. Die “Sektor­kopp­lung” löst das Problem der Wetter­ab­hän­gig­keit nicht, sie verstärkt es.

Eine “Energie­wende” mit Wind und Sonne ist ohne Speicher nicht möglich und mit Speichern nicht bezahlbar. 

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