Im September 2018 wandte sich die Newsletter-Redaktion des Energate Messenger an VERNUNFTKRAFT. und bat um einen kurzen Namensartikel. Mit 3200 Zeichen sollte erläutert werden, wie sich unser Verein/dessen Protagonisten die künftige Stromerzeugung im Hinblick auf den Klimawandel vorstellt/vorstellen. Hier der Beitrag von Nikolai Ziegler, der leicht gekürzt in der Ausgabe vom 21.9.2018 veröffentlicht wurde.
| Wie stellen Sie sich die künftige Stromerzeugung – auch im Hinblick auf den Klimawandel – vor? | ||||
Aktuelle Regierungsbroschüren erlauben keinen Zweifel: „Wind- und Solar sind die Gewinner“, „die Säulen der Energiewende“ und die „wichtigsten Technologien im Kampf gegen den Klimawandel“. Ich halte es eher mit Nobelpreisträger v. Hayek, der vor der „Anmaßung von Wissen“ warnte. Die apodiktische Festlegung, dass den „Erneuerbaren“ die Zukunft gehört, erscheint mir nicht nur als Anmaßung, sondern gar als Ausblendung von Wissen: Das Wissen um die Schwächen der „Erneuerbaren Energien“ ist leicht zugänglich – ein Blick auf die Lastganglinien offenbart sie. Die geringe Energiedichte bedingt einen massiven Flächenbedarf. Die Wetterabhängigkeit bedingt eine extreme Volatilität. Gefährdung der Netzstabilität, Entsorgung von „Schrottstrom“ und zunehmende Abhängigkeit von ausländischen „Nothilfen“ sind die Folgen, die jeder weitere Ausbau verstärkt. Die „Erneuerbaren“ dessen ungeachtet – von Auswirkungen auf Flora, Fauna und Strompreise ganz abgesehen – als einzig mögliche energetische Zukunft zu sehen, halte ich für verwegen. | |||||
Für die künftige Stromerzeugung wünsche ich mir, dass sie den Kriterien Umweltverträglichkeit, Bezahlbarkeit und Verlässlichkeit bestmöglich Rechnung trägt und hinsichtlich dieser Kriterien fortwährend optimiert wird. Gegenwärtig sind wir davon weit entfernt. Im Wettbewerb verdrängt das Bessere das Gute. Aktuell verdrängt das deutlich Schlechtere das Passable. Ich plädiere für Technologieoffenheit und marktwirtschaftlichen Wettbewerb innerhalb eines stringenten umweltrechtlichen Rahmens sowie eine technologieneutrale Ausweitung der Energieforschung. Vermutlich wird auch in Zukunft eine Reihe von Technologien und Energieträgern im Einsatz sein. Welche das sein werden, kann niemand seriös vorhersagen. Wenn der Klimawandel allerdings an Intensität zu und man das Ziel, CO2 einzusparen ernstnimmt, so hat dies eine Implikation für den künftigen Energie- und Strommix: Wenn sich Wetterextreme häufen, ist es geboten, die Abhängigkeit vom Wetter zu reduzieren. Der Sommer 2018 muss eine Warnung sein. Er offenbarte, an welche Grenzen unser Stromerzeugungssystem durch die einseitige Ausrichtung auf Solar- und Windenergie stößt. In Europa herrschten wochenlang niedrige Luftdruckunterschiede. Feuchtkalte und trockenwarme Luftmassen wurden immer wieder in die gleichen Regionen transportiert. Solarzellen konnten zwar viele Stunden produzieren, bei Hitze sinkt aber ihr Wirkungsgrad. Die Windenergie lebt von sich ändernden Wetterlagen, da dann die Luftmassen in Bewegung geraten und Wind erzeugen. Im Juli 2018 konnte daher im Vergleich zum Vorjahres-Juli 19% weniger Windstrom erzeugt werden, obwohl die installierte Windenergie-Leistung währenddessen um 8% gestiegen ist. Die Emanzipation vom Wetter ist eine zivilisatorische Errungenschaft. Gerade im Hinblick auf den Klimawandel ist es unklug, die Versorgung eines Industrielandes mit dem Lebenselixier Strom von den Launen des Wetters abhängig zu machen. Wer CO2-Einsparung über „erneuerbare Stromerzeugung“ verfolgt, setzt einen untauglichen Hebel an der falschen Stelle an. Mangels Speichertechnologien und aufgrund der bekannten, physikalisch bedingten Parameter, ist die durch „Wind- und Sonnenstrom“ erzielbare „Dekarbonisierung“ gering. Zudem macht Strom nur ein knappes Viertel des Energiebedarfs aus. An anderer Stelle – bei Verkehr und Wärme – angesetzt, können gleiche Mühen erheblich mehr Wirkung erzielen. Sparsamere Fahrzeuge, effektivere Heizungen, Nutzung der Abwärme von Blockheizkraftwerken etc. seien beispielhaft genannt. Rationale (Klima-)politik erzwingt auch den Blick über den Tellerrand: Die Türkei, Indonesien und Vietnam planen die Erhöhung ihrer Kohlekraftwerkskapazitäten um etwa 160 Gigawatt, was der Leistung aller Kohlekraftwerke in 28 EU-Staaten entspricht. Auch weitere Länder haben ihre Pläne erhöht – Ägypten um fast 800, Pakistan um 100 Prozent. Rationale Klimapolitik zielte darauf, an diesen Orten den besten verfügbaren Technologien zum Einsatz zu verhelfen, sprich hohe Wirkungsgrade zu erzielen und/oder neue Ansätze zu erproben wie bspw. die CCS-Technologie – ggf. auch mit deutscher Expertise. Damit wäre mehr gewonnen, als mit Effekthascherei im Inland. Der Blick ins Ausland lässt auch andere Potentiale erkennen, die eine rationale Politik nicht a priori verdammen darf: Für die Probleme der Nuklearenergie – die ich nicht kleinreden möchte! – zeichnen sich prinzipielle Lösungsansätze ab. Auch hier könnte deutsches (used to) Know-how stärker zum Tragen kommen. Scheuklappen erschweren die Orientierung – insbesondere bei wankelmütigem Klima. Wer CO2-Einsparung im nationalen Alleingang forciert, kann bei Unbedarften punkten, darf aber nicht darauf hoffen, in 50 Jahren als Weise[r] geehrt zu werden. |