Windkraft weht Werte weg – wirklich!

Unter dem Titel “Windkraft weht Werte weg” haben wir uns bereits im April 2014 mit den Auswir­kun­gen des Windener­gie­aus­baus auf Immobi­li­en­preise beschäf­tigt. Gegen­über dem damali­gen Bundes­mi­nis­ter der Justiz  forder­ten wir adäquate Entschä­di­gungs­re­ge­lun­gen – eine Forde­rung, die der Verband Haus & Grund ebenfalls geltend machte. Leider blieb der Gesetz­ge­ber eine Reaktion schul­dig. In NRW bemühte sich die rot-grüne Landes­re­gie­rung sogar darum, die windkraft­be­ding­ten Wertver­luste in Abrede zu stellen.

Ende Januar 2019 – der Wissen­schaft sei Dank! – ist die Fakten­lage deutlich:

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Dr. Karl-Heinz Glandorf, Verfas­ser des Briefes an den damals zustän­di­gen Minis­ter und exzel­len­ter Kenner des Sujets, hat die Klarheit bringende Studie und ihre Impli­ka­tio­nen zusammengefasst:

Wertver­lust von Immobi­lien durch Windkraft nicht mehr anzuzweifeln

Mit Presse­mit­tei­lung vom 21.01.2019 hat das RWI – Leibniz Insti­tut für Wirtschafts­for­schung – auf seine Studie „Local Cost for Global Benefit: The Case of Wind Turbi­nes“ hinge­wie­sen. Die neue deutsche Studie knüpft an wegwei­sende inter­na­tio­nale Forschung an und ist deswe­gen in engli­scher Sprache veröf­fent­licht worden.  Die RWI-Studie dokumen­tiert die Auswir­kun­gen von Windkraft­an­la­gen in Deutsch­land. Die Presse­mit­tei­lung fasst für die deutsche Öffent­lich­keit zusammen:

Die wichtigs­ten Ergebnisse:

  • Windkraft­an­la­gen, die in einem Abstand von einem Kilome­ter von einem Einfa­mi­li­en­haus errich­tet werden, führen im Durch­schnitt zu einer Preis­sen­kung der Immobi­lie um 7,1 Prozent.
  • Mit zuneh­men­dem Abstand von der Windkraft­an­lage verrin­gert sich der Effekt. Bei einem Abstand von acht bis neun Kilome­tern haben Windkraft­an­la­gen keine Auswir­kun­gen mehr auf die Immobilienpreise.
  • Den Wertver­lust der Immobi­lien führen die Forscher auf die negati­ven Auswir­kun­gen von Windrä­dern auf ihre unmit­tel­bare Umgebung zurück – etwa durch Lärm und die Störung des Landschafts­bil­des.
  • Wie die RWI-Studie zeigt, erlei­den nicht alle Immobi­lien den gleichen Wertver­lust: Am stärks­ten betrof­fen sind alte Häuser in ländli­chen Gebie­ten. Hier kann der Wertver­lust inner­halb des Ein-Kilome­ter-Radius sogar 23 Prozent betra­gen. Dagegen verlie­ren Häuser in Stadt­rand­lage bei gleicher Entfer­nung zu einer Windkraft­an­lage kaum an Wert. Dies könnte daran liegen, dass in städti­schen Gebie­ten Störungen des Landschafts­bil­des oder Lärm weniger auffal­len als auf dem Land.

Weiter heißt es in der Pressemitteilung:

Auch wenn Windkraft eine wichtige Rolle für den Erfolg der Energie­wende spielt, können die Auswir­kun­gen für Immobi­li­en­be­sit­zer im Einzel­fall gravie­rend sein“, sagt Manuel Frondel, Leiter des Kompe­tenz­be­reichs „Umwelt und Ressour­cen“ am RWI. „Die Instal­la­tion einer Windkraft­an­lage kann für Hausbe­sit­zer einen Vermö­gens­ver­lust von mehre­ren zehntau­send Euro bedeuten.

Frühe Aussa­gen zum Wertver­lust von Immobi­lien durch Windkraft…

Mit der neuen RWI-Studie erhält die Diskus­sion über Immobi­li­en­wert­ver­lust durch Windkraft­an­la­gen eine neue Quali­tät. Makler und betrof­fene Hausbe­sit­zer stellen es seit langem fest: Der Wert ihrer Immobi­lien sinkt in der Nachbar­schaft von Windkraft­an­la­gen teilweise drama­tisch. Jürgen Hasse, Profes­sor für Geogra­phie und  Didak­tik der Geogra­phie am Insti­tut für Human­geo­gra­phie der Goethe-Univer­si­tät in Frank­furt am Main, bestä­tigt das in einer Unter­su­chung für Norddeutsch­land  (Allge­mei­nen Immobi­li­en­zei­tung, Heft 8/2003). Fazit Prof. Hasse: „…drei Makler sehen Wertein­bu­ßen zwischen 20 und 30 % und zwei Unter­neh­men siedeln die Abschläge zwischen 5 und 10 % und ein weite­res bei 10 bis 20 % an. Die meisten Befrag­ten (9) geben aber an, eine Quanti­fi­zie­rung sei kaum möglich, weil zahlrei­che Inter­es­sen­ten vom Kauf Abstand nehmen, wenn sie von WKA in der Nähe des Wohngrund­stü­ckes erfah­ren.“ Hasse zitiert einen in Schles­wig-Holstein großräu­mig agieren­der Makler mit den Worten: „Selbst einzelne Windmüh­len sind verkaufs­hin­dernd! Wenn dann teilweise 10 – 15 Mühlen konzen­triert stehen, ist ein Verkauf von Immobi­lien fast ausgeschlossen.

…und harscher Wider­stand von der Windkraftlobby

Solche für die Windkraft­bran­che unlieb­sa­men Äußerun­gen wurden aber bisher vehement angezwei­felt. In der KLIMARETTER.INFO vom 5.12.2014 heißt es unter der Überschrift „Windkraft und Werte von Immobilien“ :

Die These vom Wertver­lust wird in vielen Bürger­fo­ren und Initia­ti­ven gegen geplante Windener­gie­vor­ha­ben angeführt. Auch Haus- und Grund­be­sit­zer­ver­bände sprechen von einem Zusam­men­hang zwischen der Windener­gie­nut­zung und der Preis­min­de­run­gen von Immobi­lien: “Durch den Bau von Windrä­dern droht zum Teil massi­ver Wertver­lust von benach­bar­ten Grund­stü­cken und Wohnge­bäu­den”, sagt Ottmar Werni­cke, Geschäfts­füh­rer des Landes­ver­bands Haus und Grund Württem­berg . Verluste von 30 Prozent und mehr bis zur Unver­käuf­lich­keit der Immobi­lien seien die Folge. Konkrete Fälle seien ihm nicht bekannt, räumt Werni­cke ein. Die Zahlen gingen auf Branchen­um­fra­gen zurück. Die aller­dings basie­ren ledig­lich auf Schät­zun­gen. Konkrete Erfah­rung mit der Vermitt­lung von Immobi­lien in der Nähe von Windener­gie­an­la­gen haben nur die wenigs­ten befrag­ten Makler.

Weiter wird nach der Zwischen­über­schrift „Auf Urteil der Makler ist nicht immer Verlass“ auch die Studie von Prof. Hasse in Frage gestellt:

Die meist­zi­tierte Blitz­be­fra­gung von Immobi­li­en­mak­lern der Univer­si­tät Frank­furt ist elf Jahre alt und war auf die küsten­na­hen Regio­nen Ostfries­lands und Schles­wig-Holstein beschränkt.

und der Energiewendepolitik

Während bereits 2014 und davor im Ausland wissen­schaft­li­che Studien den Wertver­lust von Immobi­lien in der Nachbar­schaft von Windkraft­an­la­gen dokumen­tiert haben, wurde dies in Deutsch­land auch von Politik noch geleugnet:

  • Vergleichs­weise harmlos ist noch die Antwort auf eine parla­men­ta­ri­sche Anfrage der FDP-Fraktion im baden-württem­ber­gi­schen Landtag nach Erkennt­nis­sen der Landes­re­gie­rung über windkraft­be­dingte Wertver­luste. Die Landes­re­gie­rung teilte mit Datum vom 25.03.2014 mit: „Der Landes­re­gie­rung liegen dazu keine statis­ti­schen Erkennt­nisse vor.“ Offen­bar reicht es der Landes­re­gie­rung in Stutt­gart, sich auf eigene Erhebun­gen zu berufen. So kann man ein Thema, das die Bürger bewegt, abwehren.
  • Syste­ma­tisch ging man in Nordrhein-Westfa­len vor. Noch unter der Ägide der rot-grünen Landes­re­gie­rung wurde das Thema Windkraft und Immobi­li­en­wert­ver­lust auf einer Veran­stal­tung am 22. Novem­ber 2016 in Biele­feld disku­tiert. In der Dokumen­ta­tion der Veran­stal­tung „Fakten­check Windener­gie und Immobi­li­en­preise“ der Energie­Agen­tur NRW werden Makler­um­fra­gen als nicht aussa­ge­fä­hig und bestehen­den Verfah­ren der Immobi­li­en­be­wer­tung als metho­disch nicht ausrei­chend bezeich­net. Bisher vorlie­gende lokale Studien werden als nicht eindeu­tig bezeich­net. Eine metho­disch saubere und gleich­zei­tig prakti­ka­ble Unter­su­chungs­mög­lich­keit sieht man nicht.
  • Wörtlich heißt es im Fakten­check „ Um auf diesem Wege wissen­schaft­lich eindeu­tige Aussa­gen zu erlan­gen, müsste in den beiden modell­haft unter­such­ten Gebie­ten eine – statis­tisch betrach­tet – hinrei­chend große Zahl von Verkäu­fen statt­fin­den, um die Ermitt­lung von Durch­schnitts­wer­ten zu ermög­li­chen. Um ein vollstän­di­ges Bild der Markt­ent­wick­lung zu erhal­ten, müsste zudem neben der Erfas­sung der getätig­ten Verkäufe auch die Wertent­wick­lung des Bestands erhoben werden, was einen hohen Aufwand erfor­dert. Auch nicht zustande gekom­mene Käufe müssten erfasst werden. Um Verfäl­schun­gen zu vermei­den, müsste ausge­schlos­sen sein, dass inner­halb der betrach­te­ten Gebiete andere Einfluss­fak­to­ren als die Windener­gie­an­la­gen (wie zum Beispiel Abwan­de­rung oder größere Verän­de­run­gen in der Infra­struk­tur) wirksam werden.“ Damit wird weitere Forschung in Frage gestellt und das das Thema Wertver­lust von Immobi­lien durch Windkraft zu Grabe getragen.

Was die neue Studie für das Streit­thema Wertver­lust von Immobi­lien bedeutet

Die Studie des RWI ist die passende Antwort auf diese von der damali­gen Landes­po­li­tik in NRW gestützte einsei­tige und enge wissen­schaft­li­che Sicht. Für die Studie hat das RWI knapp 3 Millio­nen Verkaufs­an­ge­bote ausge­wer­tet, die in der Zeit zwischen 2007 und 2015 auf dem Online-Portal Immoscout24 erschie­nen sind. Die Zahl der Fälle dürfte daher ausrei­chend sein. Auch die Metho­den­zwei­fel dürften ausge­räumt sein. Die Auswir­kun­gen auf Immobi­li­en­preise wurden mittels eines hedoni­schen Preis­mo­dells geschätzt, das neben vielen Eigen­schaf­ten der Häuser und der sozio­öko­no­mi­schen Umgebung die exakte Distanz zwischen den Windkraft­an­la­gen und den betrach­te­ten Einfa­mi­li­en­häu­sern berück­sich­tigt, heißt es in der Presse­mit­tei­lung. In der Studie wird dies näher erläu­tert. Die hedoni­sche Bewer­tungs­me­thode hat sich inter­na­tio­nal seit den 1990er Jahren durch­ge­setzt und wird auch vom Stati­schen Bundes­amt für die Preis­stei­ge­rungs­sta­tis­tik verwendet.

Dr. oec. Karl-Heinz Glandorf – 04.02.2019

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