Die Kosten fahren die Energie­wende an die Wand”

lautet die Überschrift eines auf Seite 10 der FAZ vom 17.7.2013 zu lesen­den Inter­views. Gesprächs­part­ner von FAZ-Mitar­bei­ter Philip Plickert ist Profes­sor Justus Haucap, Direk­tor des Insti­tuts für Wettbe­werbs­öko­no­mik DICE an der Univer­si­tät Düssel­dorf und ehema­li­ger Vorsit­zen­der der Monopolkommission.

Beim Mega-Experi­ment Energie­wende achte die Regie­rung zu wenig auf die Kosten, kriti­siert der renom­mierte Ökonom und Wettbe­werbs­hü­ter. Hier dessen aus unserer Sicht markan­tes­ten Aussa­gen (Hervor­he­bun­gen durch uns):

Plickert: Mit der Energie­wende hat die deutsche Regie­rung ein techno­lo­gisch-ökologi- sches-indus­tri­el­les Mega-Experi­ment gestar­tet. Welche Note würden Sie der Koali­ti­onfür die bishe­ri­gen Leistun­gen auf diesem Gebiet geben?

Profes­sor Haucap:

Ich würde eine 4 geben.

Plickert: Wie hoch sind die Gesamtkosten?

Profes­sor Haucap:

Ich halte die von Bundes­um­welt­mi­nis­ter Altmeier genannte Zahl von 1 Billion Gesamt­kos­ten für die Energie­wende nicht für unrea­lis­tisch – wenn man mit dem Förder­re­gime so weiter macht wie bisher. Solche Kosten fahren das Projekt an die Wand. Man könnte die Energie­wende aber viel günsti­ger haben, wenn man mehr Wettbe­werb nutzen würde.

Plickert: Das EEG wurde von Rot-Grün einge­führt und auch damit bewor­ben, dass es zur Einspa­rung von CO2-Emissio­nen beiträgt. Werden damit wirklich die Emissio­nen in Europa vermindert?

Profes­sor Haucap:

Leider nicht, das ist ja die Tragik der ganzen Angele­gen­heit. Es gibt den Emissi­ons­han­del, der begrenzt die Gesamt­menge der von Strom­kon­zer­nen und Indus­trie ausge­sto­ße­nen Menge Kohlen­di­oxid. Wenn Deutsch­land mehr Strom aus Quellen wie Sonne oder Wind erzeugt, dann wird dabei weniger CO2 emittiert. Aller­dings werden die C02-Zerti­fi­kate dann weiter­ver­kauft. Wenn der Preis sinkt, greifen andere Indus­trien zu. Insge­samt tut sich bedau­er­li­cher­weise rein gar nichts. Der C02-Ausstoß in Europa wird durch das EEG kein bisschen verrin­gert, er findet nur an anderer Stelle statt.

Plickert: Was wäre eine Alter­na­tive zum EEG?

Profes­sor Haucap:

Wenn man ganz vernünf­tig sein wollte, müsste man allein den C02-Handel wirken lassen. Der müsste dann alle Branchen und möglichst viele Staaten erfas­sen. Dann ist es nicht so wichtig, wo Emissio­nen vermie­den werden – ob bei der Strom­erzeu­gung, im Verkehr oder bei der Stahl­pro­duk­tion. Das ist dem Klima ja egal. Ein solcher C02-Begren­zungs­me­cha­nis­mus würde die ökono­misch kosten­güns­tigste Lösung darstel­len. In Deutsch­land ist aber mittler­weile die C02-Vermei­dung nur noch ein Ziel unter vielen, der Ausbau der Erneu­er­ba­ren Energien ist ein eigen­stän­di­ges Ziel gewor­den.

Plickert: Warum eigent­lich?

Profes­sor Haucap:

Das weiß ich nicht. Wir leben in einer Demokra­tie, die Leute wollen es so. Eine wirklich ratio­nale Argumen­ta­tion kann ich nicht erken­nen. Es wird gesagt, dass der Ausbau der Erneu­er­ba­ren dazu führe, dass auch in anderen Ländern CO2 vermie­den wird, weil sie so günstige Photo­vol­ta­ik­an­la­gen kaufen können. Aber das ist ein sehr indirek­ter Effekt, der sehr teuer erkauft wurde.

Plickert: Noch mal: Was wäre die Alter­na­tive, wenn ein umfas­sen­der Emissi­ons­han­del politisch nicht erreich­bar ist?

Profes­sor Haucap:

Dann sollte man Erneu­er­bare techno­lo­gie­neu­tral fördern. Wir haben inzwi­schen mehr als 4000 verschie­dene EEG-Förder­sätze. Die teuerste erneu­er­bare Strom­quelle, die Photo­vol­taik, wird mit der höchs­ten Rendite geför­dert. Daher gibt es eine massive Überför­de­rung. Mehr als 35 Prozent der weltweit instal­lier­ten Solar­an­la­gen stehen im eher sonnen­ar­men Deutsch­land – ein absur­der Witz. Viele Ökono­men, etwa der Sachver­stän­di­gen­rat und die Monopol­kom­mis­sion, fordern einen Wechsel vom EEG zu einem Grünstrom – Quotenmodell.

Plickert: Wie funktio­niert das?

Die Versor­ger, etwa Stadt­werke, müssen eine bestimmte Quote “grünen” Strom anbie­ten – aber aus welchen Quellen sie den kaufen oder selbst erzeu­gen, können sie selbst bestim­men. Das heißt: Grüne Techno­lo­gien wie Windkraft auf der Küste oder an Land, Photo­vol­taik oder Biomas­se­kraft werke werden in Wettbe­werb gestellt. Die Stadt­werke werden die günstigste Lösung wählen – und die Verbrau­cher sparen.

Plickert: Warum gibt es trotz der explo­die­ren­den Kosten durch das EEG und der CO2-Null-Wirkung keine breite Koali­tion, die dieses System abschaf­fen will?

Das liegt an der inzwi­schen gewal­ti­gen Vertei­lungs­wir­kung, von der einige Gruppen und Bundes­län­der erheb­lich profi­tie­ren. Die EEG-Umver­tei­lung erreicht noch nicht ganz das Ausmaß des Länder­fi­nanz­aus­gleichs, aber man kommt dahin. Über eine Milli­arde Euro fließen beispiels­weise an EEG-Profi­teure in Bayern, vor allem an die sogenann­ten Solar­wirte unter den Bauern. Schles­wig-Holstein, Branden­burg, Nieder­sach­sen profi­tie­ren erheb­lich von der Windener­gie. Da jede EEG-Novelle den Bundes­rat passie­ren muss, gibt es dort Koali­tio­nen, die jede starke Kürzung verhin­dern. Aber das EEG verteilt nicht nur Geld zwischen Ländern um, sondern auch zwischen Bevöl­ke­rungs­grup­pen. Landwirte und Hausbe­sit­zer profi­tie­ren stark, einfa­che Strom­kun­den zahlen deren Profite. Es gibt also eine Umver­tei­lung von unten nach oben.

Das vollstän­dige Inter­view können Sie hier lesen.


VERNUNFTKRAFT. dazu:

Herr Profes­sor Haucap skizziert die ökono­mi­schen Probleme der Energie­wende sehr treffend.

Insbe­son­dere der Hinweis, dass die Förde­rung Erneu­er­ba­rer Energien zu Unrecht zum Selbst­zweck gewor­den und für den Klima­schutz unerheb­lich ist, kann unseres Erach­tens gar nicht oft genug wieder­holt werden. Dass diese Förde­rung “so gewollt” ist möchten wir indes stark hinterfragen.

Mehrere hundert Zuschrif­ten von Bürgern aus ganz Deutschland…

…die der Zerstö­rung der Natur Ihrer heimat­li­chen Umgebung durch Windin­dus­trie­an­la­gen fassungs­los und ohnmäch­tig gegen­über­ste­hen und die korrum­pie­rende und gemein­schafts­schä­di­gende Wirkung dieses subven­ti­ons­ge­trie­be­nen Goldrauschs hautnah und fassungs­los erleben…

…sprechen eine ganz andere Sprache.

Dass diese Förde­rung schein­bar “gewollt” ist liegt unseres Erach­tens vornehm­lich daran, dass diese Mythen stark verwur­zelt sind. Doch wir arbei­ten daran, dass sie bröckeln. Sie können uns dabei unterstützen.

Herrn Profes­sor Haucaps Vorschlag eines Quoten­sys­tems, halten wir – wie er selbst auch – besten­falls für eine zweit­beste Lösung.

Zumin­dest würde dies den ökolo­gisch und ökono­misch zerstö­re­ri­schen Goldrausch mildern und auf ein de facto Morato­rium hinaus­lau­fen. Mehr dazu hier.

Die von Herrn Profes­sor Haucap als einer Reform hinder­li­chen Länder­in­ter­es­sen haben wir als  impli­zi­ten Länder­fi­nanz­aus­gleichs­aus­gleich beschrie­ben. Zahlen dazu finden Sie hier.

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