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Das Problem
Die massive Bebauung unseres Landes mit immer größeren Windkraftanlagen bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Lebensqualität und Gesundheit von Menschen. Die wesentlichen bereits zu beobachtenden und im Zuge des rasanten Ausbaus dieser Anlagen vermehrt zu erwartenden Effekte auf physische und psychische Gesundheit ergeben sich aus den optischen und vor allem akustischen Emissionen.
Optische Bedrängung
Die politisch beschlossene Zielerreichung einer mindestens 50%-igen Energieerzeugung durch Windkraft bis zum Jahr 2050 (175 TWh/a) ist nur durch den Bau von zigtausenden neuen Windkraftanlagen in Deutschland erreichbar. Diese mit dem Ausbau von flächenintensiven Energieerzeugungsanlagen einhergehende Technisierung und Denaturierung der Lebensumgebung ruft durch optische Bedrängung, Schlagschatten, nächtliches Blinken und die dadurch von Anwohnern erlebte Unausweichlichkeit Stress hervor. Sekundäre psychosomatische Effekte sind die zwangsläufige und anerkannte Folge.
Akustische Emissionen, hörbarer Lärm und Infraschall
Windkraftanlagen setzen 60% der Energie des Windes in Druckwellen also Schall um. So ist verständlich, dass hörbarer Lärm und Infraschall als unerwünschte Nebenwirkung flächendeckend mit den geplanten Windkraftanlagen selbst auftreten werden und zwar umso mehr, je stärker wir unseren Lebensraum mit Windkraft industrialisieren. Mediziner sind sich einig, dass dies handfeste primäre Gesundheitsschäden und eine Beeinträchtigung der Vitalität des Menschen nach sich ziehen wird.
Je größer die heute erstellten Windkraftanlagen (Repowering), desto mehr verlagert sich das Emissionsspektrum in den langwelligen, niederfrequenten Bereich: Infraschall.
Infraschall bezeichnet den Teil des Schallspektrums (<16Hz), der vom menschlichen Ohr nicht mehr gehört werden kann. Auf Grund der großen Wellenlänge breitet sich Infraschall über große Entfernungen nahezu verlustfrei aus. Dabei stellen Topographie und Vegetation kaum ein Hindernis dar. Schalldämmung ist mit herkömmlichen Mitteln nicht möglich. Schallmessungen sind häufig fehlerhaft, Schallprognoserechnungen gehen durch Resonanzphänomene in der Natur und in Wohnräumen häufig an der Realität vorbei.
Infraschall hat ähnliche Wirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden wie übermäßiger hörbarer Schall: Schlafstörungen, Herz- und Kreislaufprobleme, Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Unruhe, Nervosität, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, rasche Ermüdung, verminderte Leistungsfähigkeit sind die vielfach beschriebenen Folgen.
Die gesundheitlichen Auswirkungen und insbesondere die Unbedenklichkeitsschwellen dieses mit den originär zuständigen Sinnesorganen nicht wahrnehmbaren, aber dennoch sehr präsenten Schalls sind bislang viel zu wenig erforscht. Die gegenwärtig angewendeten Vorschriften sind dringend überarbeitungsbedürftig, denn
- die gesetzlichen Schutzvorschriften und Verordnungen erfassen nur unvollständig das Frequenzspektrum von Windkraftanlagen (DIN 45680). Infraschallwellen unter 10Hz werden nicht berücksichtigt, haben aber nachweisbare neurologische Auswirkungen;
- das Messverfahren bewertet den gemessenen Schall nach der Charakteristik des menschlichen Gehörs (dB(A) und dB©). Wesentlich schallempfindlichere Organe (z.B. Gleichgewichtsorgan, äußere Haarzellen des Innenohrs etc.) werden ignoriert;
- die heute erforschte Physiologie der Immissionsverarbeitung von Schall wird gänzlich missachtet;
- es gibt weder gesetzliche Regelungen noch geeignete Messtechnik, geschweige denn ein standardisiertes Messverfahren zur Bestimmung und Bewertung von Infraschall.
- die Gesetze, die der mit Infraschall einhergehenden Gefährdung Rechnung tragen sollen, variieren zwischen den Bundesländern. Die Empfindlichkeit der Menschen nicht.
Solange diese veralteten Gesetze und Vorschriften sowohl in der Genehmigungspraxis und rechtlichen Beurteilung von Windkraftanlagen maßgeblich sind, wird systematisch gegen das verfassungsmäßig verbriefte Recht der Gesundheitsvorsorge für Menschen verstoßen.
Im Einleitungstext zu ihrer Publikation “späte Lehren aus frühen Warnungen” erklärt die europäische Umweltagentur:
Neue Technologien haben mitunter sehr schädliche Auswirkungen, in vielen Fällen aber werden frühe Warnzeichen unterdrückt oder ignoriert.
und weiter:
Auszug der Seite der Europäischen Umweltagentur Der Bericht empfiehlt die breitere Anwendung des “Vorsorgeprinzips”, um Gefahren aus neuen und weitgehend ungetesteten Technologien und Chemikalien zu reduzieren. Der Bericht legt dar, dass wissenschaftliche Unsicherheit keine Rechtfertigung für Untätigkeit ist, wenn plausible Hinweise auf potenziell schwerwiegende Gefährdungen vorliegen. Solch ein Vorsorgeprinzip ist fast immer von Vorteil – nach der Analyse von 88 Fällen von vermutetem “falschen Alarm”, fanden die Autoren des Berichts lediglich vier bestätigte Fälle. Der Bericht zeigt auch, dass vorbeugende Maßnahmen oftmals Innovationen stimulieren, anstatt sie zu behindern. Die wichtigsten Empfehlungen:
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In Deutschland werden derzeit genau diese späten Lehren nicht gezogen und genau diese frühen Warnungen ignoriert:
Bei den jetzt wie Pilze aus dem Boden schießenden bis zu 200m hohen Anlagen handelt es sich um “eine neue Technologie”, die massiv verbreitet wird. Die internationale medizinische Forschung gibt klare Hinweise darauf, dass diese Technologie durch den erzeugten Infraschall gesundheitliche Risiken birgt.
Die deutsche Bevölkerung ist nicht gerade für ihre Risikofreude bekannt. Bei den politischen Reaktionen auf Risiken wie BSE, Vogelgrippe, Maul-und-Klauen-Seuche und andere spielte das Vorsichtsprinzip im internationalen Vergleich eine auffällig große Rolle.
In krassem Kontrast dazu werden bei den hier zur Debatte stehenden gesundheitlichen Risiken achtzig Millionen Deutsche zu Teilnehmern eines großangelegten Feldversuchs gemacht.
Während man sich in Nordamerika, Ozeanien und Skandinavien der Gefahren viel stärker bewusst ist und diese erforscht, wird hierzulande einfach losgebaut. Und das in einem höllischem Tempo.
Dem verfassungsmäßig gebotenem Gesundheitsschutz wird nicht entsprochen.
Die Lösung
Aus Fehlern der Vergangenheit sind Lehren zu ziehen.
Frühe Warnungen sind zu beachten.
Das Vorsichtsprinzip ist konsequent anzuwenden.
Dementsprechend sind medizinische Forschungen anzustellen, die eine wissenschaftlich saubere Ableitung von gesundheitlich unbedenklichen Mindestabständen von großen Windkraftanlagen zu menschlichen Behausungen ermöglichen.
Bis zum Vorliegen dieser Ergebnisse ist die derzeitige Praxis der mutwilligen Gefährdung durch Ausblendung von Risiken unverzüglich zu unterbinden.
Einem medizinischen Grundsatz zufolge ist die zu erwartende Gesundheitsbeeinträchtigung eine Frage der Dosis.
Aus den hier ausgeführten Zusammenhängen ergibt sich, dass eine Vergrößerung der Abstände grundsätzlich die Dosis reduziert, wobei diese Reduktion vom Geländeprofil abhängt.
Als erste annäherungsweise Umsetzung des Vorsorgeprinzips ist bei Erteilung von Baugenehmigungen für Windkraftanlagen über 2MW Nennleistung bundeseinheitlich mindestens die 10-fache Anlagenhöhe als Mindestabstand zu Wohngebieten einzuhalten.
Dies liegt nicht im kurzfristigen finanziellen Eigeninteresse manches prospektiven Bürgerwindpark-Investors.
Es liegt aber im dringenden gesundheitlichen Interesse aller Menschen.
Und das geht vernünftigerweise vor.
Weiterführende Literatur finden Sie in diesen Quellen:
- Positionspapier, Ärzte für Immissionschutz AEfIS (2014)
- Positionspapier, Ärzteforum Emissionsschutz (2013)
- Exzerpt der Machbarkeitsstudie Infraschall (Umweltbundesamt), Ärzteforum Emissionsschutz (2014)
- Statement zu Abstandsregelungen, Ärzteforum Emissionsschutz (2014)
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