Es stand sehr schlimm um des Bandwurms Befinden. Es juckte immer etwas hinten. Dann konstatierte der Doktor Schmidt, Nachdem er den Leib ihm aufgeschnitten, Dass dieser Wurm an Würmern litt, Die wiederum an Würmern litten. Joachim Ringelnatz (1883–1934) |
Bei der Gruppe bedauernswerter Patienten, die Joachim Ringelnatz (1883–1934) in diesen Versen beschrieb, kommt ein Prinzip zum Tragen, das nicht nur den freundlich dreinschauenden russischen Matroschka-Püppchen,
sondern auch dem gegenüber Mensch und Natur wenig freundlich auftretenden Windkraftausbau in Deutschland zugrunde liegt:
Das Prinzip des rekursiven Musters.
Auf der untersten Ebene wurde dieses Muster am 27. Januar 2015 im ARD-Magazin REPORT treffend dargestellt:
Der aufschlussreiche Beitrag verkennt allerdings, dass es sich bei dem dargestellten Fall keineswegs um eine einzelne “Provinzposse” handelt, wie in der Abmoderation beflissen suggeriert.
Vielmehr sind Bewegungen im Grenzbereich zu Korruption und Betrug für den gesamten Wirtschaftszweig der Windkraftindustrie wesensbestimmend und Vorgänge, wie jene in diesem Beitrag thematisierten, in ganz Deutschland in ähnlicher Form zu beobachten. Bildlich gesehen, sind die im REPORT portraitierten Figuren zwei von tausenden kleinen Püppchen in einem bundesweit aufgeführten Theater, das einem immer gleichen Drehbuch folgt:
Wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage bereits in seinem Jahresgutachten 2012/13 feststellte, erfolgt der Ausbau von durch das EEG subventionierten Stromerzeugungsanlagen zu Lasten des Gemeinwohls nach dem Motto “je mehr und je schneller, desto besser”.
Im folgenden Jahresgutachten 2013/14 legten die Wirtschaftsweisen die absurde Anreizstruktur des EEG
- allen Gebietskörperschaften wird ermöglicht, die Hand tief in die von einer anonymen Allgemeinheit gefüllte Tasche zu stecken -
in vornehmen Worten dar und rieten eindringlich zum Stopp des Subventionskarusells. Wobei die unabhängigen Professoren realistisch erkannten:
Allerdings hat sich das EEG inzwischen als kaum noch reformierbar herausgestellt, denn bereits eine Anpassung der Fördersätze führt regelmäßig zu erheblichen Diskussionen im Deutschen Bundestag und Bundesrat. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass durch das EEG inzwischen ein jährliches Subventionsvolumen von rund 20 Mrd. Euro umverteilt wird, das von den davon profitierenden Partikularinteressen mit „Zähnen und Klauen“ verteidigt wird. Dabei handelt es sich nicht mehr ausschließlich um die Betreiber und Produzenten von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, sondern inzwischen ebenfalls um die Länder, die einen hohen Anteil der Wind- oder Solarenergieanlagen auf sich vereinen. Der Kampf um eine Reform des EEG gleicht daher eher einem Abwehrkampf, bei dem es aus Sicht der jeweils Beteiligten vor allem darum geht, den eigenen Vorteil aus dem EEG zu bewahren und notwendige Anpassungen vor allem in denjenigen Bereichen zu fordern, die jeweils andere Beteiligte treffen.
Tatsächlich hat die Politik alle Nachteile des unsäglichen Gesetzes beibehalten und die niedrigen Erwartungen des Sachverständigenrates noch untertroffen. Im Zuge dessen nahm der Subventionswettlauf zu Lasten der Allgemeinheit und der Natur weiter Fahrt auf.
Besonders schändlich ist in diesen ersten Tagen des Jahres 2015 ein Richterspruch des Amtsgerichts Sigmaringen aufgefallen, der den Subventionswettlaufes aktiv beschleunigte und einem ökologisch katastrophalen und volks- und energiewirtschaftlich vollkommen widersinnigen Projekt im Eilverfahren den Weg ebnete.
Aufgrund der unterstrichenen Nachteile der Energiewende konnte die Windkraftindustrie im Jahr 2014 jedenfalls einen mehr als zweifelhaften Rekord verbuchen:
Von und mit Dank an Andreas Sindlinger (Gegenwind Weinheim) Windbranche feiert sich selbst – zu Recht? Das Jahr 2014 ist Vergangenheit und der Anfang eines neuen Jahres veranlasst stets dazu, zurückzuschauen. Das tut natürlich auch die Windkraftlobby und protzt mit Zahlen: so vermeldet der Bundesverband Windenergie den “Rekordzubau von 4.750 Megawatt in Deutschland“. Diese Zahlen werden von den Medien gerne aufgenommen, scheinen sie doch zu zeigen, auf welch gutem Weg die Energiewende ist. Mit den bloßen Zahlen nicht genug; wie so oft muss ein Vergleich her: Auf Spiegel online liest man “Neue Anlagen könnten vier Atomkraftwerke ersetzen“, auch bei n‑tv wird zum besseren Verständnis der installierten Leistung der Vergleich mit Atomkraftwerken gezogen; hier sind es allerdings nur drei. Die Einheit “Atomkraftwerk” ist augenscheinlich nicht sauber wissenschaftlich definiert. Drei – oder gar vier – Atomkraftwerke ersetzen? Das hört sich für den wenig informierten Überschriftenleser sehr gut an, suggeriert es doch, Deutschland könne auf weitere Atommeiler verzichten! Die Verschandelung unserer Natur und unseres Lebensraums sowie die ständig steigende Stromrechnung ist wohl der Einsatz dafür. Immerhin schreiben Spiegel online und n‑tv im Konjunktiv: könnten drei bzw. vier Atomkraftwerke ersetzen. Aber unter welchen Umständen könnten sie das denn? Natürlich nur genau dann, wenn die erbrachte Leistung genau 100% der installierten Leistung entspricht. Um Herauszufinden, wie wahrscheinlich das Eintreten dieser Möglichkeit ist, lohnt ein Blick in die Zahlen des letzten Jahres. Die vier Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen die Windeinspeisedaten in ihrem Netz in einem 15 Minutenrhythmus und stellen diese zum Download bereit: dies sind Amprion, 50Hertz, tennet und transnetBW. Die installierte Leistung der WKA im Netz der Betreiber kann bei der Strombörse angezeigt werden. Nach den Daten der Netzbetreiber lag die minimale Windstromeinspeisung für ganz Deutschland bei 0,068% der installierten Leistung und zwar am 17. Juli 2014 um 9:45 Uhr. Das entspricht einer Leistung von gerade einmal 24 MW – bei einer installierten Leistung von 35,4 GW! Ein Totalausfall. Die Maximalleistung wurde am 12. Dezember 2014 um 13:30 Uhr erbracht: immerhin lieferten alle WKA Deutschlands 29,7 GW Strom, was fast 84% der installlierten Leistung entspricht. Die Windlobby konnte sich selbst auf die Schultern klopfen. Allein nach der Betrachtung dieser Extremwerte kann man die Behauptung der Onlinemedien als falsch entlarven: es wurde zu keinem Zeitpunkt deutschlandweit die installierte Leistung auch erbracht! Aber wie sahen die Windenergieeinspeisewerte zwischen diesen Extremwerten aus? Im folgenden Schaubild ist die Häufigkeitsverteilung der tatsächlich erbrachten Leistung in Prozent der installierten Leistung in Tagen zu sehen. Der Balken bei 5% besagt beispielsweise, dass an 84 Tagen des Jahres alle WKA in Deutschland zwischen 0% und 5% der installierten Leistung erbracht haben. An 77 Tagen waren es zwischen 5% und 10% usw. Deutlich erkennt man ein Charakteristikum der Leistung von Windkraftanlagen in unseren Breiten: sehr häufig bringen diese sehr wenig Leistung und sehr selten ist der Ertrag sehr hoch. Die erwähnten 84% waren ein einmaliger Ausreißer. Spätestens jetzt kann man die theoretischen Vergleiche der besagten Onlinemedien von Windkraftanlagen mit Atomkraftwerken als unmöglich bezeichnen. Diese Aussagen sind entweder mit absoluter Unwissenheit der Autoren zu erklären oder als bewusste Täuschung einzuordnen! Zwei weitere Zahlen sind für das Wind-Jahr 2014 interessant. Im Mittel erbrachten die WKA Deutschlands 16,6% der installierten Leistung, das entspricht 5.87 GW. Mittelwerte werden von der Windkraftlobby immer wieder gerne benutzt, da diese die Volatilität – also die absolut zufällige Schwankung zwischen 0% und 84% im Jahre 2014 – des Windstroms verschleiern. Ein Mittelwert von 5.87 GW suggeriert, dass mit einer Verdopplung oder Verdreifachung der Windenergiekapazitäten ein entscheidender Beitrag zur sicheren Stromversorgung Deutschlands geleistet werden kann. Dem ist sicher nicht so, wenn zu jedem Zeitpunkt ein Totalausfall des Windstroms eintreten kann! Bei der in der Abbildung dargestellten Häufigkeitsverteilung gibt der Mittelwert ein zu positives Bild der Windstromeinspeisung ab. Die wenigen “positiven” Ausreißer “nach rechts” – also Tage mit 60% und mehr erbrachter Leistung im Verhältnis zur installierten Leistung – fallen übermäßig stark ins Gewicht (ähnlich wie bei Aussagen zur Einkommenssituation in Deutschland). Aussagekräfter in Bezug auf Verlässlichkeit ist der Median. Dieser teilt eine Liste an Zahlen in zwei Hälften: 50% sind kleiner als der Median, 50% sind größer. Im vorliegenden Fall der Windstromeinspeisung liegt der Median deutschlandweit bei 11,7% der erbrachten Leistung im Verhältnis zur installierten Leistung. Das heißt, dass an 182 Tagen des Jahres weniger als 11,7% der installierten Leistung auch erbracht wurde. |
Aus dem Chor der unreflektierten Jubelmeldungen , der aus der Medienlandschaft zu diesen “Rekorden” zu vernehmen war, tönte die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 28. Januar 2015 in wohltuend sachgerechtem Tenor heraus:
Aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28. Januar 2015 Windstrom überrascht Bundesregierung Ausbau weit über Plan / 250 Mio. Euro Zusatzkosten Im vergangenen Jahr sind in Deutschland unerwartet viele Windkraftanlagen in Betrieb gegangen. Der von der Bundesregierung mit 2500 Megawatt im Jahr geplante Zubau wurde bei Weitem übertroffen. (…) Der neue Ausbaurekord verursacht bei den Stromkunden ungeplante zusätzliche Kosten. Diese dürften sich dieses Jahr auf rund 250 Millionen Euro belaufen, haben die Experten des Wirtschaftsministeriums ausgerechnet. Allerdings gilt die einmal gewährte Förderung für 20 Jahre. (…) Die im vergangenen Jahr hinzugekommenen Kapazitäten an Windkraftanlagen entsprechen rechnerisch der Leistung mehrerer Atom – oder Kohlekraftwerke. Allerdings könnten diese, anders als Windstromanlagen, rund um die Uhr Elektrizität erzeugen. Windkraftanlagen an Land erzeugen nur an weniger als einem Fünftel des Jahres Strom. |
Ebenso wohltuend vernünftige Worte fanden zwei einflussreiche Mitglieder des Bundestages zu dieser Entwicklung.
Am 29. Januar 2014 stellten Dr. Michael Fuchs und Dr. Joachim Pfeiffer zutreffend fest:
Michael Fuchs:
Wir schießen bei der Windenergie an Land weit über die vereinbarten Ziele hinaus. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht beim Wind einen Zubaukorridor von 2400 – 2600 MW vor. Selbst wenn man die Anlagen abzieht, die außer Betrieb gehen, liegt der Zubau immer noch bei 4400 MW und damit 1800 MW über Plan. Diese eklatante Fehlsteuerung haben wir den grün-geführten Ländern und Landesministerien zu verdanken, die im Bundesrat auf Drängen der Windbranche großzügige Übergangsregelungen und geringstmögliche Förderkürzungen im EEG durchgesetzt haben. Dabei haben wir schon damals vor den Folgen gewarnt. Es ist doch bekannt, dass die Erneuerbaren-Branchen selbst dann jammern, wenn Projektierer und Betreiber zweistellige Renditen einfahren. Das haben wir beim Photovoltaik-Boom ab 2008 zur Genüge erlebt.
Joachim Pfeiffer:
Diese Fehlsteuerung im EEG führt zu einer Mehrbelastung der Stromkunden von mindestens einer Viertelmilliarde Euro. Die steigenden Netz- und Systemkosten sind dabei noch nicht eingerechnet. Ich erwarte, dass die Länder uns jetzt helfen, diesen Fehler wieder zu korrigieren. Wir brauchen darüber hinaus schnellstmöglich eine grundlegende, zukunftsfähige Reform der Förderung, die eine echte Marktintegration erneuerbarer Energien schafft. Nur so können wir die weitere Kostenexplosion beenden.
Offenbar haben Dr. Pfeiffer und Dr. Fuchs das Bandwurmprinzip erkannt.
Unser Appell an die beiden Herren:
Bitte berichten Sie Ihrer Parteivorsitzenden und Bundeskanzlerin von Ihrer Entdeckung. Nachdem Frau Dr. Merkel auf unsere bisherigen Briefe leider keine Reaktion erkennen ließ, steht zu hoffen, dass die schwindende Akzeptanz der “Energiewende”-Politik die Aufmerksamkeit der Bundeskanzlerin weckt.