Lasst uns über Versor­gungs­si­cher­heit reden

Im Juni 2021 verfügte Deutsch­land über mehr Windkraft­an­la­gen als jedes andere europäi­sche Land. Und über die flächen­mä­ßig höchste Dichte dieser Anlagen weltweit. In instal­lier­ter Erzeu­gungs­ka­pa­zi­tät ausge­drückt: 55.355 Megawatt. 

Die tatsäch­li­che Strom­erzeu­gung dieser Anlagen belief sich in der ersten Hälfte des Jahres 2021 auf 46.700 Gigawatt­stun­den (GWh). Das entspricht einer durch­schnitt­li­chen Produk­ti­ons­leis­tung von 19,2 Prozent (Kapazi­täts­fak­tor). Die Gültig­keit unserer Faultier­pa­ra­bel ist damit erneut bestä­tigt. Noch schwe­rer als die geringe durch­schnitt­li­che Strom­pro­duk­tion (quanti­ta­tive Dimen­sion) wiegt aller­dings deren mangelnde Verläss­lich­keit (quali­ta­tive Dimen­sion). Die letzten Juni-Tage 2021 werfen ein warnen­des Schlag­licht darauf:

Wind- und Solar­strom­ein­spei­sung vs. instal­lierte Kapazität.

Im Fokus der deutschen Energie­wende stand und steht dagegen bis heute nicht der Strombedarf, sondern die Stromproduk­tion. Da wir keine hohen Berge mit großen Speicher­seen haben, geht es bei uns beim Ersatz konven­tio­nel­ler, fossi­ler und nuklea­rer Strom­pro­duk­tion vor allem um Strom aus Wind- und Solar­an­la­gen. Da aber nachts bekannt­lich keine Sonne scheint und der Wind nie konstant weht, stand – bei nüchter­ner und objek­ti­ver Betrach­tung – eigent­lich von Anfang an fest, dass dieses Ziel nicht erreich­bar war und ist, da die Strom­pro­duk­tion aus diesen Quellen „volatil“ ist, d.h., stark schwankt, regel­mä­ßig bis auf null abfällt und letzt­lich den Zufäl­lig­kei­ten und der Unvor­her­seh­bar­keit des Wetters folgt.

Die Bilanz der letzten elf Jahre ist ernüchternd: 

Die hellgrüne Fläche gibt die Entwick­lung der instal­lier­ten Kapazi­tät an Wind- und PV-Kraft­wer­ken wieder. Diese wurde in den letzten 11 Jahren verdrei­facht. Weit weniger eindrucks­voll ist hinge­gen die tatsäch­li­che Strom­pro­duk­tion dieser Anlagen, darge­stellt durch die zacki­gen Profile. Die gestri­chel­ten Trend­li­nien verdeut­li­chen, wie Anlagen­aus­bau (rot) und tatsäch­li­che Einspei­sung (schwarz) immer weiter ausein­an­der­ge­hen. Offen­kun­dig liegen abneh­mende Grenz­erträge vor.

 

Trotz weite­ren Zubaus an Anlagen ist die Windstrom­pro­duk­tion im ersten Halbjahr 2021 gegen­über den beiden Vorjah­ren absolut gesunken: 

Kumulierte Windstrom-Produk­tion der ersten Jahres­hälf­ten 2017–2021.

Gegen­über der ersten Jahres­hälfte 2020 wurde die Erzeu­gungs­ka­pa­zi­tät um 3 Prozent erhöht, die tatsäch­li­che Produk­tion sank indes um 21 Prozent. Gegen­über der ersten Jahres­hälfte 2019 wurde die Erzeu­gungs­ka­pa­zi­tät um 5 Prozent erhöht, die tatsäch­li­che Produk­tion sank dagegen um 15 Prozent. 

Wer angesichts dieser Perfor­mance der letzten 10 Jahre eine “Ausbau­of­fen­sive” für die Windkraft fordert, ist entwe­der völlig unwis­send oder ein Zyniker. Denn was bei einer Reali­sie­rung solcher Vorschläge heraus­käme, lässt sich einfach vorher­sa­gen. Ein weite­rer Zubau der Produk­ti­ons­ka­pa­zi­tä­ten wird zu einer anstei­gen­den Überschuss­pro­duk­tion führen, wenn die Windkraft- und PV-Leistung über die Netzlast ansteigt. In der folgen­den Abbil­dung ist ersicht­lich, was passiert wäre, wenn wir im Mai 2021 bereits die Dreifa­che der heuti­gen Windkraft- und PV-Leistung gehabt hätten: 

Abb. 3: Darstel­lung der Situa­tion im Mai 2021 bei hypothe­tisch verdrei­fach­ten Windkraft- und Solar­ka­pa­zi­tä­ten und realem Wetter und Verbrauchsverhalten.

 

Die Spitzen (Überpro­duk­tion weit über den Bedarf hinaus) wären viel höher gewesen, aber die Täler hätten sich trotz­dem nicht gefüllt (Abhän­gig­keit von anderen Quellen bliebe voll bestehen).  Damit stellt sich die Frage, wohin mit dem dann aktuell nicht benötig­ten Strom?

 

Leider ist – entge­gen der Feststel­lung von Frau Annalena Baerbock – das Netz kein Speicher, sondern seine Aufnah­me­fä­hig­keit liegt bei null. Die Weissa­gun­gen zahlrei­cher univer­si­tä­rer Forschungs­ein­rich­tun­gen – wie das Fraun­ho­fer IWES in Kassel und regie­rungs­na­her „Think-Tanks“ wie Agora, – ein großflä­chi­ger Zubau würde zu einer Glättung und damit zu einer Entschär­fung dieses Problems führen, haben sich bereits eindeu­tig nicht erfüllt. Derlei Behaup­tun­gen haben sich als glatter Betrug erwiesen.

Trotz­dem wird regel­mä­ßig von vermeint­lich neuen bahnbre­chen­den Ideen berich­tet. Ringwall­spei­cher, Kugeln auf dem Meeres­bo­den und ähnli­che Fanta­sien geistern immer wieder durch die Medien. Alle diese „Konzepte“       bewegen sich unter­halb des Niveaus von “Jugend forscht.“ Eine vertiefte Betrach­tung erübrigt sich, da sie einfa­chen Plausi­bi­li­täts­checks nicht stand­hal­ten. Aller­dings sind sie geeig­net, unkri­ti­sche und uninfor­mierte Teile der Öffent­lich­keit zu errei­chen und die Lösbar­keits­il­lu­sion zu nähren:

Rund um die Erneu­er­ba­ren Energien Branche ist ein regel­rech­ter politisch-ökono­mi­scher Komplex heran­ge­wach­sen. (…) Alle Akteure in diesem Komplex verbin­det ein Inter­esse: Probleme der Energie-wende müssen lösbar erschei­nen, damit die Wind- und die Sonnen­bran­che weiter subven­tio­niert werden.”  

Aus der ZEIT vom 4.12.2014

Angesichts der Kosten und techni­schen Restrik­tio­nen sind Speicher defini­tiv nicht die Lösung der Energie­wende. Die notwen­di­gen Kapazi­tä­ten sind ökono­misch nicht zu leisten. Dies gilt umso mehr, wenn der Fuhrpark von Verbren­nungs­mo­to­ren auf Elektro­au­tos umgestellt und im Wärme­sek­tor die Einfüh­rung von Wärme­pum­pen stark voran­ge­trie­ben werden sollte: Unser Energie­ver­brauch ist in den Winter­mo­na­ten beson­ders hoch, spezi­ell auch dann, wenn bei Inver­si­ons-Wetter­la­gen die PV-Anlagen wegen Bewöl­kung kaum Strom liefern und die WEA meist still­ste­hen. Die Wetter­ab­hän­gig­keit der Strom­erzeu­gung hätte damit unmit­tel­bare und fatale Wirkun­gen auf den Mobili­täts­sek­tor. Ebenso wenig könnte man dann noch elektrisch heizen. Die “Sektor­kopp­lung” löst das Problem der Wetter­ab­hän­gig­keit nicht, sie verstärkt es. Im März 2021 hat der Bundes­rech­nungs­hof dies erkannt und die Versäum­nisse der Bundes­re­gie­rung in Sachen “Energie­wende” erneut gerügt (Beleg). 

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Bereits 2016 war deutlich sicht­bar, dass die wetter­ab­hän­gige, errati­sche, Einspei­sung durch Windkraft­an­la­gen die Stabi­li­tät des Strom­net­zes gefähr­det. Der FOCUS berichtete:

focus

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Die Netzbe­trei­ber müssen immer öfter eingrei­fen. Damit steigen sowohl die Kosten zur System­sta­bi­li­sie­rung als auch die opera­ti­ven Risiken für einen siche­ren Netzbetrieb.

erklärte der Präsi­dent der Bundes­netz­agen­tur, Jochen Homann, seiner­zeit

Mit weite­ren Abschal­tun­gen regel­ba­rer Kraft­werke hat sich das Problem verschärft. 

Auf die Frage, wo der Strom herkom­men soll, kann “Wind und Sonne” nicht die Antwort sein, wenn eine sichere Versor­gung weiter­hin gewünscht ist. Darüber müssen wir reden.

 

Im August 2021 meldete sich Dipl.-Ing. Klaus Eberhard Wagner mit diesem Redebei­trag.

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