Bei unserem Besuch bei Tarek Al-Wazir am 2. Oktober 2015 hat sich der hessische Wirtschaftsminister allen Fakten verweigert. Es war uns nicht möglich, den Minister aus seinen Träumen zu erwecken. Die schlichten hessischen Tatsachen haben wir hier dargestellt.
Offenbar hat man das Debakel nun auch beim Bundesverband Windenergie erkannt und sich zum 4. hessischen Windbranchentag in Kassel getroffen. Die regionale Zeitung berichtete am 9. Oktober 2015 sehr einfühlsam von den Nöten und Sorgen der “Windmüller”, wie die subventionsverwöhnten Industriellen zwecks Erzeugung positiver Assoziationen mit der “guten alte Zeit” sich gerne nennen lassen:
Statt positiver Assoziationen möchten wir schlichte Tatsachen in Erinnerung rufen:
- Von allen Windkraftanlagen in Hessen erreicht nur eine von 10 Anlagen die für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderlichen 80% des Referenzertrags. 60% der Anlagen liegen unter 60%. Unterhalb dieses Werts verzinst sich nicht mal das Investment, in das Gemeinden und Bürger gelockt werden.
- Selbst die modernsten Großanlagen in Hessen sind von den Erwartungen weit entfernt. Nur 6 von 93 Großanlagen erreichen die magischen 80% des Referenzertrags.
Sogar der Bundesverband Windenergie hat beim “Faktencheck” der Hessenagentur folgende Einschätzung abgegeben:
Das dauerhaft starke Unterschreiten der Erlöse zeigt eine erhebliche Ertragsschwäche vieler Windparks, die zu Lasten der Anleger geht. In der Einzelanalyse erreichten nur 12 % der Windparks die prospektierten Erlöse zu 100 % oder mehr ( nur jeder Achte!).
Diese schlichten Fakten und die Einschätzung selbst der Protagonisten werfen ein Schlaglicht darauf, wie tragfähig die modernsten Methoden zur Ermittlung der Windhöffigkeit sind.
Das offensichtliche Debakel in Hessen hat nun die Profiteure und Nutznießer dieses Subventionskapitalismus’ zum 4. hessischen Windbranchentag zusammen kommen lassen. Man sehe große Hemmnisse „im neuen EEG- Gesetz von 2014, das die Vergütung stark absenke“ war in der HNA zu lesen.
Die Auswüchse ungenügender Methoden zur Ertragsermittlung sollen, so hat man den Eindruck, durch höhere Subventionen auf die Verbraucher und die mittelständische Wirtschaft abgewälzt werden. Unbeeindruckt von den miserablen Erträgen der Anlagen in Hessen ist die Windbranche der Ansicht, man könne in Hessen mit heutiger Technik gute Erträge erzielen.
Die Einschätzung der Windlobby, der Ausbau in Hessen ginge deutlich zu langsam, wurde von Teilen der regierenden CDU, der SPD-Opposition und natürlich von den Grünen geteilt. Es ist schlimm genug, wenn sich die hessische Politik so plump bei Branchenverbänden anbiedert – eines eint sie dabei: Realitätsverweigerung.
Unerträglich, dass der hessische Leitfaden zum Naturschutz, letztlich erstellt, um den Naturschutz in Hessen auszuhebeln, noch als Hindernis dargestellt wird. Wenig verwunderlich, dass sich der Bundesverband Windenergie den Realitätsverlust mit der Politik teilt. Auf seiner Homepage kann man lesen:
In Mittelgebirgslagen gibt es reichlich windhöffige Standorte, an denen bei heutigen Nabenhöhen 2.500 Volllaststunden realistisch sind. Dort ließe sich mit 2.500 WEA à 3 MW die Hälfte des hessischen Strombedarfs decken.
Wir empfehlen der hessischen Windkraftlobby, die Jahreserträge der hessischen Anlagen mit den entsprechenden Windparks auf der eigenen Homepage zu veröffentlichen. Das hilft, auf den Boden der Realitäten zurück zu finden.
Die ganze Absurdität der Planungen für Hessen kann in einem einzigen Bild verdichtet werden:
In dieser Abbildung ist die Netzlast und die Einspeisung von rund 5000 Anlagen heutiger Bauart mit heutigen Erträgen dargestellt. Ganz offensichtlich übersteigt die Windeinspeisung regelmäßig den Verbrauch. Es entstehen gewaltige Leistungsspitzen, für die es weder in Hessen noch in den angrenzenden Bundesländern Verbraucher gibt – schließlich haben alle Nachbarn bei den üblichen Großwetterlagen das gleiche Problem.
Dieser Überschussstrom beläuft sich auf insgesamt 5 TWh und damit auf rund 18% des vom IWES geplanten Windertrags in Hessen. De facto ist diese Energiemenge mangels Verbrauchern nicht nutzbar. Es ist kein Überschussstrom- es sind Überschussanlagen. Hierbei ist es (fast) unerheblich, ob dieser Strom im power-to-gas-to-power Verfahren gespeichert und irgendwann wieder in Strom verwandelt wird oder ob er unmittelbar abgeregelt und verworfen wird. Diese Abbildung wirft außerdem ein Schlaglicht auf die Qualität der vom IWES in Kassel erstellten Studie zum Windpotenzial in Hessen: Die genannte Planzahl von 28 TWh ist in Hessen nicht erreichbar. Diese Zahl ist schlicht unhaltbar. Sie ist schlicht falsch!
Was die gemäß von der HNA übernommenem Lobbysprech vermeintlich “neuen gesetzlichen Vorgaben” betrifft, die den “Ausbau gefährden” so ist festzustellen, dass sich die Windkraftbranche es offensichtlich erneut verstanden hat, bei Politik und Medien den Eindruck zu erzeugen, als sei man a) unentbehrlich und als würde man b) hart und ungerecht behandelt.
Was a) angeht, sind die vermeintlichen Lastesel der “Energiewende” bereits hinlänglich als Faulpelze enttarnt.
Was b) angeht, ist diese Auswertung des Verbands der industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) aufschlussreich:
Die Abbildung stellt dar, wie sich die EEG-Vergütungen tatsächlich entwickelt haben und wie sie sich entwickelt hätten, wenn die gesetzlichen Vorschriften nicht stets zu Gunsten der Windkraftindustrie geändert worden wären. Bei sogenannten “Reformen” des Subventionssystem haben es die Profiteure desselben bisher stets verstanden, die zuvor geltenden Degressionen durch einen Neueinstieg auf höherem Niveau wieder ausgeglichen zu bekommen. Der Verband VIK schreibt dazu:
Die in Kassel vergossenen Krokodilstränen sind ganz offensichtlich ein von der Windkraftlobby bisher erfolgreich eingesetztes Stilmittel der politischen Kommunikation. Die unter dem bisherigen Erfolg des Gejammers Leidenden kommunizieren anders.